Westfalenpost: Becks Aufschwung Die SPD vor ihrem Hamburger Parteitag
Geschrieben am 25-10-2007 |
Hagen (ots) - Von Winfried Dolderer
Wollte man beckmesserisch sein, man könnte den Sozialdemokraten nachsagen, dass schon das Motto ihres Parteitages eine Flunkerei ist. "Aufschwung für alle"? Es geht in Hamburg zuvörderst um den Aufschwung für einen: Kurt Beck, der bislang als SPD-Chef keine durchweg überzeugende Vorstellung abgeliefert hat, schwingt sich zum starken Mann auf, dem einzig verbleibenden, nachdem er das Herzensthema der sozialen Gerechtigkeit gekapert und seine Rivalen in der SPD mattgesetzt hat. Ob daraus dann auch ein Aufschwung für die Partei wird, steht auf einem anderen Blatt. Das Problem der SPD ist ja keineswegs, ob sie einen starken Beck hat oder nicht. Ihr Problem ist, dass Reformpolitik für die "kleinen Leute" im Sinne der Verteilung des Überflusses, aus der sie in Zeiten florie-render Sozialstaatlichkeit ihren politischen Daseinszweck schöpfte, angesichts eines öffentlichen Schuldenstandes von anderthalb Billionen nicht mehr funktioniert. Die Münteferings und Steinbrücks in der SPD sehen das genauso. Sie haben in der Sache recht. Nur dass zu ihrem Unglück das in der Sache Richtige dem Gerechtigkeitsgefühl der eigenen Klientel schnurstracks zuwiderläuft. Das ist das Dilemma: Die Klientel desertiert zur Linkspartei. Sachpolitik gegen Gefühl also, ein Spagat, den auszuhalten es womöglich des Charismas eines Willy Brandt bedürfte. Beck hat sich, seinem Naturell und seiner intellektuellen Ausstattung gemäß, gegen den Spagat und fürs Gefühlige entschieden. Der Stimmungspolitiker wird in Hamburg gewiss in Ovationen baden dürfen. Ein starker Mann. Wenigstens in der SPD.
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