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LVZ: Die Leipziger Volkszeitung zum Lokführer-Streik -

Geschrieben am 15-11-2007

Leipzig (ots) - Von Armin Görtz. Auf wen sollen Pendler wütend
sein, wenn sie mit kalten Füßen auf den Bus warten, der als
Zug-Ersatz rollt? An welche Adresse können jene Fernreisende ihren
Zorn richten, die notgedrungen aufs Auto umgestiegen und im Stau
gelandet sind? Wer trägt die Verantwortung für die massiven Folgen,
die der Ausfall von Güterzügen mit sich bringt? Auf die Frage nach
den Schuldigen am ebenso nervenden wie wirtschaftlich folgenschweren
Streik lassen sich viele Antworten finden. Vom sturen Bahnchef
Mehdorn und dem gleichfalls verbohrten Gewerkschaftsführer Schell ist
häufig die Rede. Genannt werden könnte auch der Aufsichtsrat, der das
Management des Konzerns gestern in seiner starren Haltung bestärkte.
Prompt hat das staatseigene Unternehmen mal wieder eine Klage gegen
die Lokführergewerkschaft eingereicht. Derweil vergrößert
Verkehrsminister Tiefensee durch sein Schwanken das Dilemma: Mal will
er sich heraushalten, dann wieder eingreifen. Zur Misere trägt ferner
der Kleinkrieg zwischen den Bossen der Bahn-Gewerkschaften bei.
Es ließe sich auch darüber sinnieren, ob es dem Geist des
grundgesetzlich geschützten Streikrechts entspricht, wenn eine
einzelne Berufsgruppe ihre Schlüsselposition in erpresserischer Weise
einsetzt. Dass Arbeitskämpfe in einer Firma deren Kunden belasten,
liegt in der Natur der Sache. Doch schon seit Kaisers Zeiten war der
Staat sich der Folgen möglicher Auseinandersetzungen in
Schlüsselbereichen bewusst. Also übernahm er sie selbst und setzte
dort Beamte ohne Streikrecht ein. Die ebenso zuverlässigen wie trägen
Staatskonzerne haben sich inzwischen überlebt. Das Beispiel Post hat
zudem bewiesen: Privatisierung muss zu keiner Bedrohung für sensible
Infrastrukturen führen. Denn längst gibt es bei Telekommunikation und
Postbeförderung leistungsfähige Konkurrenz. Streiks in einer Firma
können nur begrenzte Schäden verursachen. Beim Schienenverkehr
hingegen schwebt die Entstaatlichung in einem gefährlichen
Zwischenzustand. Der Anteil der Bahn-Beamten schrumpft seit Jahren,
während die potenziellen Auswirkungen eines Arbeitskampfes der
Angestellten ständig gewachsen sind.
Verheerend wirkt sich beim derzeitigen Streik der Mangel an
Konkurrenz aus. Die wurde lange ausgebremst, spielt im Zugverkehr nur
eine Nebenrolle. Es fehlt an Anbietern, die in der Lage wären, einen
erheblichen Teil der ausfallenden Leistungen zu übernehmen. So
braucht die kleine Lokführergewerkschaft nur ein einziges Unternehmen
- die Deutsche Bahn AG - zu bestreiken, um den gesamten Zugverkehr
empfindlich zu stören. Hinzu kommt: Weil die DB die einstigen
Reichsbahn-Lokführer nach 1990 nicht verbeamtet hat, ist die GDL hier
besonders stark. Folglich rollen im Osten fast überhaupt keine
Waggons. Bei den verhinderten Bahn-Kunden, die beim Warten auf den
Ersatzbus bibbern, wächst der Streik-Frust und mit ihm die
Erkenntnis: Die Branche braucht endlich den scharfen Wind eines
funktionierenden Wettbewerbs.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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