Westdeutsche Zeitung: Nicht nur Steinmeiers neue Popularität setzt SPD unter Druck - Ein freundliche Herr wird bissiger = Von Martin Vogler
Geschrieben am 18-11-2007 |
Düsseldorf (ots) - Weltgewandt, führungsstark, charismatisch, in mehreren Fremdsprachen fit und bei den Wählern extrem beliebt: Wenn eine Stellenanzeige für einen SPD-Kanzlerkandidaten formuliert würde, müssten mindestens diese Qualifikationen drin stehen. Spinnen wir die Idee weiter und stellen uns vor, wie SPD-Chef Kurt Beck versucht, auf das Ausschreibungs-Profil hin seinen Bewerbungsbrief zu drechseln. Oh weh. Das könnte für den Mann aus der Pfalz sehr eng werden. Denn die Konkurrenz schläft nicht. Wie wach und präsent sie ist, hat Beck mit den guten Umfragewerten für Steinmeier bereits gespürt.
Da kann Beck ausführlich beteuern, dass frühestens in einem Jahr die Entscheidung über den SPD-Kanzlerkandidaten fallen wird. In Wirklichkeit werden die Weichen jetzt gestellt. Und als Ministerpräsident in Mainz sitzt er nicht direkt am Brennpunkt. Das mag er als taktischen Vorteil begriffen haben, als er sich gegen das persönliche Mitregieren in Berlin entschied. Für die SPD-interne Ausscheidung kann sich das als Bumerang erweisen.
Beck muss Außenminister Steinmeier ernst nehmen. Zwar agiert dieser meist geräuschlos, gilt als sehr loyal und hat sich bislang nicht durch persönliches Machtstreben hervorgetan. Aber gilt das auch für die Zukunft? Wenn Becks mangelnde Beliebtheit die Wahlchancen der SPD weiter schlecht erscheinen lassen, ist es dann nicht sogar logisch, dass ein verantwortungsbewusster Mensch wie Walter Steinmeier in die Bresche springt? Er gilt als sehr effektiver Arbeiter und steigert derzeit seine Beliebtheit. Gestern deutete er mit seiner Ankündigung, künftig "nicht nur der freundliche Herr vom Auswärtigen Amt" sein zu wollen, deutlich mehr Biss an. Und nicht zu vergessen: Auch Altkanzler Schröders Unterstützung wäre ihm im Wahlkampf sicher.
Das Pech aus Sicht der SPD bei diesen Planspielen: Noch ist alles Traumtänzerei. Weder Beck noch Steinmeier kommen auch nur annähernd an die glänzenden Umfragewerte der Kanzlerin heran. Allerdings heißt das auch: Wenn die SPD bei den Wahlen 2009 überhaupt eine Chance haben will, muss sie bald einen überzeugenden Kandidaten aufbauen. Sonst reicht es auch dann maximal für eine zweite Rolle in einer Großen Koalition.
Originaltext: Westdeutsche Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2
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