IZA berechnet Kosten der Frühverrentung von Langzeitarbeitslosen / Arbeitsmarktexperte: Auch Nachfolgegesetz der 58er-Regelung kommt Steuer- und Abgabenzahler teuer zu stehen
Geschrieben am 16-12-2007 |
Köln (ots) - Der Deutsche Bundestag hat am Freitag in erster Lesung über das Nachfolgegesetz zur so genannten 58er-Regelung beraten. Im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hat das Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) erstmalig ausgerechnet, was die bis dato praktizierte 58er-Regelung die Steuer- und Abgabenzahler kostet und welche Folgen sie am Arbeitsmarkt hat. Die fiskalischen Kosten beziffert das IZA auf mindestens 850 Millionen Euro pro Jahr, im Extremfall sogar bis zu 9,5 Milliarden Euro. Dieses Geld wird im Wesentlichen aus den Sozialkassen aufgebracht und treibt damit die Lohnzusatzkosten in die Höhe - das wiederum führt zum Verlust von Arbeitsplätzen. Die neue "63er-Regelung" verspricht nach Analyse der Ökonomen zwar Entlastung in der Größenordnung von einer halben Milliarde Euro. Je nach Szenario verbleiben damit aber immer noch erhebliche Kosten.
Deshalb hält der Wissenschaftler Dr. Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitmarktpolitik am IZA, auch die Neuregelung für unsinnig. Er plädiert stattdessen dafür, neue Anreize zu schaffen, dass auch Ältere wieder stärker in Beschäftigung kommen, "statt sie vorzeitig zum alten Eisen zu schicken". Unter die bisherige Regelung fallen bisher etwa 420.000 Personen.
Schneider fordert, die bestehende Regelung ganz und ohne jede Nachfolgeregelung abzuschaffen. Er geht davon aus, dass so neue Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung auch für ältere Arbeitslose entstehen: "Wenn gelänge, nur 20 Prozent der Betroffenen - also rund 84.000 Personen - in Beschäftigung zu bringen, so könnten wir fiskalische Einsparungen von rund 2,6 Milliarden Euro erzielen."
Wenn die Regelung ganz gestrichen würde, könnte der bestehende Arbeitgeberbeitragssatz zur Sozialversicherung nach einer Berechnung des IZA um bis zu 3,1 Beitragspunkte abgesenkt werden. Nach wissenschaftlichen Schätzungen kostet jeder zusätzliche Prozentpunkt in der Sozialversicherung rund 100.000 Arbeitsplätze. Demnach verursacht die jetzt auslaufende 58er-Regelung den Verlust von bis zu 310.000 Arbeitsplätzen, die umgekehrt ohne Belastungen aus der 58er-Regelung auch neu entstehen könnten.
Bei der Neuregelung (63er-Regelung) wird im Vergleich zur bisherigen 58er-Regelung mit Gesamteinsparungen von mindestens 548 Millionen Euro beim Bund und den Kommunen gerechnet. Schneider: "Diese Regelung ist zwar schon besser als die bisherige 58er-Regelung. Volkswirtschaftlich betrachtet ist sie aber auch nur die zweitbeste Lösung, da ein vollständiger Wegfall zum einen nach wie vor enorme Kosten sparen und zum anderen neue Beschäftigung mobilisieren kann. Das nützt auch den Betroffenen am meisten."
Hintergrund:
Die 58er-Regelung wurde Mitte der 80er Jahre eingeführt. Sie beruht auf § 428 SGB III sowie § 65 Abs. 4 SGB II und sieht vor, dass Arbeitslose, die mindestens 58 Jahre alt sind, aus dem Job aussteigen können, ohne deswegen ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verlieren. Im Gegenzug verpflichteten sie sich dazu, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Rente zu gehen, zu dem dies ohne Abschläge möglich ist. Auf diese Weise verschwinden die Vorruheständler aus der Arbeitslosenstatistik.
Die 58er-Regelung ist bis zum Ende des Jahres 2007 befristet. Die Bundesregierung will sie in modifizierter Form weiterführen: Wer Arbeitslosengeld II bezieht, soll nach vollendetem 63. Lebensjahr in Rente gehen müssen, muss dann aber Abschläge bis zu 7,2 Prozent hinnehmen. Ausnahmen von dieser Regel sollen in Härtefällen möglich sein. Dies wird noch durch Rechtsverordnung geregelt.
Die Studie des IZA ist im Internet unter www.insm.de zu finden. Das Dokument als PDF zum Download finden Sie hier: http://www.insm.de/Downloads/58er_-_Version_5.pdf
Originaltext: Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39474 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_39474.rss2
Pressekontakt: IZA: Dr. Hilmar Schneider, Tel.: (0170) 7956801, E-Mail: schneider@iza.org Pressekontakt INSM: Dieter Rath, Tel.: (0171) 5488666, E-Mail: rath@insm.de
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
110597
weitere Artikel:
- Die Große Koalition wird zur "Einheitsfront des Rückschritts": INSM und WirtschaftsWoche stellen neuntes wissenschaftliches Merkelmeter vor Berlin (ots) - - Querverweis: INSM-WiWo-Merkelmeter - das wissenschaftliche Papier liegt in der digitalen Pressemappe zum Download vor und ist unter http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar - "Es hagelt zurzeit populistische Polit-Placebos in Berlin", kritisiert Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), zur Vorstellung des 9. Merkelmeters, der wissenschaftlichen Politikanalyse im Auftrag von INSM (Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft) und WirtschaftsWoche. Im Visier mehr...
- Nur Hoffnung, aber kein Sieg für die Anliegen der Armen / MISEREOR kritisiert Ergebnisse der Bali-Konferenz Bali/Aachen (ots) - Als unzureichend wertet das katholische Entwicklungshilfswerk MISEREOR die Ergebnisse der Klimakonferenz auf Bali. "Im jetzt verabschiedeten Bali-Fahrplan bleibt die feste Vereinbarung über die Reduktion der Treibhausgase kaum sichtbar in einer Fußnote und im Nebel wissenschaftlicher Verweise verborgen", moniert der Abteilungsleiter Entwicklungspolitik, Dr. Bernd Bornhorst, das Ergebnis der Klimakonferenz. "Angesichts der Dramatik des Klimawandels und der schon jetzt spürbaren Auswirkungen für die Menschen im Süden mehr...
- Saarbrücker Zeitung: Bosbach fordert mehr Aufmerksamkeit zum Schutz der Kinder Saarbrücken (ots) - Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, Wolfgang Bosbach, hat mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit gefordert, um Kinder besser vor Misshandlungen und Verwahrlosungen zu schützen. Freunde, Nachbarn, Bekannte und Verwandte müssten genauer hinsehen, sagte Bosbach der "Saarbrücker Zeitung" (Montagausgabe). "Niemand lässt sich gerne sagen, dass er in der Nachbarschaft herum schnüffelt. Aber lieber einmal das Jugendamt zu viel benachrichtigen als zu wenig", so der CDU-Mann. "Wir wollen natürlich keine Blockwartmentalität", mehr...
- Der Tagesspiegel: Die Bundesregierung wertet den Erfolg von Bali als Erfolg der deutschen und der europäischen Diplomatie Berlin (ots) - Nusa Dua - Die Bundesregierung sieht das Ergebnis des UN-Klimagipfels als Erfolg der deutschen und europäischen Diplomatie. Bali sei auch ein Erfolg der "riskanten deutschen und europäischen Verhandlungsstrategie", sagte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dem Tagesspiegel nach dem Ende des Gipfels, bei dem es vor allem darum ging, die USA in den Nachfolgeprozess für das derzeit geltende Koyoto-Protokoll einzubinden. Gabriel geht davon aus, dass die USA die Schuld bei den Europäern gesucht hätten, wären sie aus den neuen mehr...
- Der Tagesspiegel: FDP weist Avancen der SPD zurück Berlin (ots) - Der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck hat für seinen Vorschlag, nach der nächsten Bundestagswahl 2009 im Bund eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP zu bilden, keine Gegenliebe gefunden. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe): "Herr Struck scheint Volkes Stimme nicht wahrzunehmen. Seit langem sieht keine Umfrage eine rechnerische Möglichkeit für eine Ampel." Es fehle zudem politische Übereinstimmung: Für die FDP sei "der demokratische Sozialismus alles andere als eine attraktive Alternative mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|