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LVZ: Künast: Merkel lässt im Streit um Kinder-Grundgesetzrechte "die Kinder die Zeche bezahlen"

Geschrieben am 19-12-2007

Leipzig (ots) - Sollte es zu einer Verankerung gesonderter
Kinderrechte im Grundgesetz kommen, würde die Zahl der
Verwahrlosungsfälle in Deutschland sinken. Das meint die
Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast. In einem
Interview mit der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe)
begründete sie das mit der Aussage: "Mit Kinderrechten im Grundgesetz
käme es zu weniger Fällen von Verwahrlosung, weil das System, das bei
der Betreuung von Kindern hilft, stärker ausgebaut sein müsste. Der
Staat könnte sich nicht mehr so einfach davonstehlen." Vor dem
heutigen Kinderschutz-Gipfel der Bundeskanzlerin mit den
Ministerpräsidenten warf Künast der CDU-Vorsitzenden und
Regierungschefin Angela Merkel vor, vor den Ministerpräsidenten
"eingeknickt" zu sein, weil die eine Kostenexplosion für eine
verbesserte Kinderbetreuung befürchteten.

"Vor einem Jahr hat Frau Merkel eigene Kinderrechte im Grundgesetz
noch für eine interessante Idee gehalten. Heute haben ihr die
Ministerpräsidenten aus Kostengründen klar gemacht: Mit uns nicht.
Deshalb ist Frau Merkel eingeknickt", so Künast. "Die Zeche bezahlen
die Kinder", beklagte die Grünen-Politikerin. Die Ministerpräsidenten
wüssten, dass sie die Betreuungspolitik vor Ort ändern müssten.
"Statt sich mit Modellversuchen hinwegzuretten, sollte Frau Merkel
den Mut haben, zu ihrer früheren Auffassung zu stehen, notfalls auch
im Widerstreit zu ihren Ministerpräsidenten", forderte die
Fraktionsvorsitzende.

Mit gesonderten Kindergrundrechten in der Verfassung müsste das
bisherige System der Betreuung und Förderung von Kindern umgestellt
werden. "Keine Kommune, kein Landkreis, kein Ministerpräsident könnte
es sich mehr leisten, Haushaltseinsparungen da zu beginnen, wo die
geringste Gegenwehr herrscht, bei den Personalstellen im
Kinderbereich." Heute würde zu wenig investiert in aufsuchende
Sozialarbeit, in Jugendfreizeitarbeit, in Kinderförderung, in Bildung
inklusive Ernährung. "Mit einem solchen Verfassungssatz in der Hand
könnte rasch vor dem Bundesverfassungsgericht auf Leistungserfüllung
durch den Staat geklagt werden. Das brächte den Durchbruch, zumindest
gerichtlich verordnet, für die Kinderbetreuung", sagte Frau Künast.

Natürlich würden auch heute schon alle Grundrechte auch für Kinder
gelten. "Aber bei der Frage der Gleichberechtigung von Mann und Frau
haben wir gemerkt, dass die Verfassungswirklichkeit und die
Verfassungstheorie nicht unbedingt zusammenpassen." Also sei die
Gleichstellung der Geschlechter als besonderer Auftrag in die
Verfassung aufgenommen worden, um staatliches Handeln zu erzwingen.
"Kinder sind schwächer als Erwachsene. Keiner kann erklären, weshalb
wir den Kindern das verweigern, was wir den Erwachsenen in
gesonderter Form zubilligen", meinte Künast. Hinzu komme, dass 1949,
dem Entstehungsjahr des Grundgesetzes, man noch das Bild von
intakten, lange zusammenbleibenden Mehrgenerationen-Familien vor
Augen gehabt habe. "Heute gibt es immer mehr Einfamilienhaushalte und
allein Erziehende. Im Ergebnis hat das Kind weniger Schutzpersonen um
sich. Deshalb muss der Staat mehr Verantwortung übernehmen."

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/72626-2000


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