Rheinische Post: Überhöhte Lohnforderung
Geschrieben am 19-12-2007 |
Düsseldorf (ots) - Von Sven Gösmann
Das zeitliche Zusammentreffen mag Zufall sein, doch es passt zur Stimmungslage im Deutschland des ausgehenden Jahres 2007: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verlangt satte acht Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten von Bund und Kommunen, die Lokführer lassen ihre Tarifverhandlungen (Ziel: 13 Prozent plus x) mit der Bahn platzen. Der Gewerkschaftsruf nach dem Schluck aus der Pulle bildet ein schrilles Konzert mit dem populistischen Geschrei aus der Politik, das Mindestlöhne von 9,80 Euro in der Postbranche verlangt. So paradox es klingt: Krisenzeiten sind Phasen der Ruhe, die Furcht vor Rezession und Abschwung wirkt disziplinierend. Zeiten des Aufschwungs bringen Unruhe. Die Vernunft legt sich schlafen. Anders kann man sich die Verdi-Forderung nicht erklären. Die öffentlichen Haushalte sind längst nicht wieder im Gleichgewicht, ihre Sanierung dauert Jahrzehnte. Dagegen steht das Interesse der Mittelschichten nach einer Erhöhung ihrer seit Jahren stagnierenden Reallöhne. Nur: Das Geld ist nicht da. Die öffentlichen Haushalte leben auf Pump, die Bahn ist ein derzeit unverkäufliches Unternehmen. Beide benötigen die Unterstützung der Gewerkschaften durch eine maßvolle Lohnpolitik. Brutales Anspruchsdenken, gar Streiks sind das letzte, was die sich schon wieder abschwächende Konjunktur jetzt braucht.
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