Lausitzer Rundschau: Streit um Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz Für die Schwächsten
Geschrieben am 19-12-2007 |
Cottbus (ots) - Das Grundgesetz verändert sich mit unserer Gesellschaft. Manchmal auch nur mit den politischen Moden. Tier- und Umweltschutz haben es 2002 in die Verfassung geschafft. Sport und Kultur kämpfen noch um eine Aufnahme als Staatsziel. Wird das Grundgesetz beliebig? Die Gefahr besteht, und das ist auch das wichtigste Argument der Gegner einer Aufnahme von Kinderrechten in unsere Verfassung. Für Angela Merkel ist eine Grundgesetzänderung an dieser Stelle gegenüber einer praktischen Verbesserung des Kinderschutzes nachrangig, weshalb sie sie ablehnt. Aber man kann das eine tun und muss das andere trotzdem nicht lassen. Das Maßnahmenpaket, das die Kanzlerin gestern mit den Ministerpräsidenten besprochen hat, ist richtig. Aber es ist, mit Verlaub, bloß die längst überfällige Optimierung von Verwaltungshandeln. Eine Grundgesetzänderung würde es sinnvoll ergänzen. Denn Kinderrechte im Grundgesetz gäben den Gerichten, dem Gesetzgeber, aber auch jedem Bürger eine Richtung vor. Und damit mehr Sicherheit im Handeln. Bei den Kindern atmet die jetzige Formulierung in Artikel 6 den Geist der 50er-Jahre. Das "natürliche Recht" der Eltern zur Pflege und Erziehung der Kinder wird betont, der staatliche Eingriff ist die Ausnahme, die Familie ist das Leitbild. Kinderrechte im Grundgesetz würde an dieser Stelle eine Verschiebung bedeuten. Sie würden den Kindern nicht mehr eine abgeleitete, sondern eine eigene Rechtsstellung geben, und zwar über den bloßen Schutz hinaus ein Recht auf Kindeswohl. Letztlich würde eine solche Änderung zum Ausdruck bringen, dass die heile Familie nicht mehr so selbstverständlich existiert, als dass man sich auf sie allein verlassen könnte. Das ist eine bittere Erkenntnis, aber Realität. In der Konsequenz bedeutet eine Grundgesetzänderung mehr Rechte und Pflichten für den Staat, aber prinzipiell auch für jeden einzelnen Bürger. Diese Verantwortung stünde zwar zunächst nur auf dem Papier. Aber wenn sie erst dort stünde, hätte der praktische Kinderschutz eine größere Durchschlagskraft. Es stünde mehr Druck dahinter, auch auf Jugendamtsmitarbeiter, Ärzte und Nachbarn, die in den meisten der bekannt gewordenen Fälle versagt haben. Die wegschauten, andere nicht informierten, abwarteten. Diese Haltung würden sich viele in unserer Gesellschaft zweimal überlegen, wenn sie ein schreiendes Kind hören, und das wäre in so manchem Fall lebensrettend. Es hat schon Grundgesetzänderungen aus schlechteren Motiven gegeben.
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