Allg. Zeitung Mainz: Kommentar zu Hartz IV
Geschrieben am 20-12-2007 |
Mainz (ots) - Deutschland ist ein Staat mit ausgeprägten föderalen Strukturen. Das ist eine große Stärke, auch wenn es bisweilen nicht so aussieht. Bund, Länder und Gemeinden haben festumrissene Rechte und Pflichten, die das Grundgesetz garantiert. Wird dagegen verstoßen, prüft und entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Die Folgen sind oft genug und zurecht Ohrfeigen für Politik und Verwaltung. Gestern bekam die rot-grüne Regierung sozusagen posthum ihre Watschen, denn sie hatte seinerzeit bei der Einführung von Hartz IV erheblich gepfuscht. Nun muss aber niemand Angst haben, keine Leistungen mehr zu erhalten. Die Richter haben der Politik bis Ende 2010 Zeit gegeben, die Strukturen verfassungsgemäß neu zu ordnen. Im Kern geht es um die Arbeit der 353 Arbeitsgemeinschaften, über die seit 2004 die Hartz-IV-Empfänger versorgt werden. Diese nehmen den Kommunen das Recht auf Selbstverwaltung. Das ist keineswegs eine Wortklauberei beleidigter Bürgermeister und Landräte. Hier geht es vielmehr um sehr viel Geld, das die Kommunen aufbringen müssen, ohne aber dabei selbst entscheiden zu können, ob das auch in Ordnung geht. In der jetzigen Mischkonstruktion bestimmt nämlich am Ende die Bundesagentur für Arbeit, wie und wo es bei jedem einzelnen Empfänger langgeht. Es wird also dem frischgebackenen Bundesarbeitsminister Scholz nichts anderes übrig bleiben, als sich mit den Kommunen zu einigen. Starke Sprüche, wie sie gestern von ihm zu hören waren, werden nicht weiterhelfen. Eines ist bei der Sache aber ganz wichtig: Es darf jetzt niemand, hoffnungsvoll nach links schielend, versuchen, im Wettlauf um die beste politische Ausgangsposition für die Bundestagswahlen 2009 das zurückzudrehen, was Rot-Grün mit Hartz IV erstaunlich pragmatisch und - wie man heute klar belegen kann - hochwirksam geschaffen hat. Die Botschaft aus Karlsruhe heißt, die Reformen sind verfassungskonform, die Instrumente nicht.
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