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Westdeutsche Zeitung: In der Debatte um Jugendgewalt geht es gar nicht um Lösungen - Wenn Roland Kochs Rechnung aufgeht = Von Friedrich Roeingh

Geschrieben am 13-01-2008

Düsseldorf (ots) - Schärfere Jugendstrafen, Warnschuss-Arrest,
zügigere Abschiebung: Wer geglaubt hatte, Roland Koch habe in der
eskalierenden Debatte um gewalttätige Jugendliche schon alle Register
gezogen, der muss sich eines Besseren belehren lassen. Nun will der
hessische Ministerpräsident das Jugendstrafrecht auch noch auf unter
14-Jährige - also Kinder - anwenden. Geschickt vermeidet Koch
diesmal, den hohen Ausländeranteil in dieser Gruppe anzusprechen. Er
weiß, dass die Bürger dies mit kriminellen Kinderbanden ohnehin
assoziieren.

Vom zunehmenden Gegenwind, der Koch für seinen populistischen
Wahlkampf ins Gesicht bläst, lässt er sich nicht beirren. Bei der
Mobilisierung konservativer Wählerschichten vertraut er ganz auf
seinen Bauch, und nicht den gegenläufigen Umfragen. Koch lässt sich
auch nicht von den Zweifeln im eigenen Lager bremsen, das in den
beiden anderen Landtagswahlkämpfen mit Christian Wulff und Ole von
Beust zwei ausgewiesen moderate Kandidaten durchbringen muss.
Risikobereitschaft kann man dem hessischen Kandidaten also wahrlich
nicht absprechen.

Mag sein, dass Kochs Mut zur Hässlichkeit am 27. Januar mit seinem
Machterhalt belohnt wird. Zur Lösung der anscheinend zunehmenden
Brutalität junger Gewalttäter wird dieser Wahlkampf aber ganz sicher
nichts beitragen. Die Menschen, die sich von der Debatte haben
aufstacheln lassen, werden unweigerlich enttäuscht. Sie werden später
erkennen müssen, dass sich schmissige Parolen in den meisten Fällen
gar nicht in praktische Politik umsetzen lassen. Wer wie Koch zum
Beispiel das Jugendstrafrecht auf Kinder anwenden wollte, bekommt
unweigerlich ein Problem mit der Verfassung. Zugleich ist mit der
Unerbittlichkeit dieses Streits jeder Weg verbaut worden, in der
Großen Koalition sinnvolle Strafverschärfungen und Begleitprogramme
für junge Gewalttäter auf den Weg zu bringen.

Bei kriminellen Kindern etwa liegt die Lösung nicht in einer
Herabsenkung der Strafmündigkeit. Hier hilft allein, die Eltern von
Wiederholungstätern stärker an die Kandarre zu nehmen - etwa durch
gerichtlich verhängte Geldbußen oder strenge Erziehungsauflagen. Über
pragmatische Ansätze aber wird bei diesem vergifteten Thema leider
gar nicht mehr gesprochen.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62556.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211 / 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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