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WAZ: Das Unwort des Jahres - Frage der Geisteshaltung - Leitartikel von Wolfgang Platzeck

Geschrieben am 15-01-2008

Essen (ots) - Am Anfang war das Wort, und das Wort war so
unschuldig wie der Mensch. Erst durch dessen Sündenfall büßte auch
das Wort seine Reinheit ein.
Denn das Wort an sich ist unschuldig - so wie ein Buch, das in einem
Regal verstaubt, so lange ein toter Gegenstand ist, bis jemand es
lesend und ausdeutend mit Geist, mit individuellem Leben erfüllt.
Es hat in der Vergangenheit bedeutendere Anlässe gegeben, über den
Sündenfall des Wortes, über den Missbrauch von Sprache zu
diskutieren, als das aktuelle Unwort "Herdprämie". Das ist so
abgrundtief dämlich, dass kaum ein Kabarettist oder Comedian
demnächst darauf verzichten wird. Warum sollte er auch? Entscheidend
ist, wer aus welchen Gründen ein Wort mit Inhalt füllt, es in Umlauf
zu bringen versucht, und in welchem Kontext das geschieht. Das
"Unwort" - dessen Verwendung von Fall zu Fall sehr wohl ein "Unding"
und unerträglich sein kann - kurzerhand als Sprachmüll auszusondern,
ist eines. Etwas anderes ist, den schuldigen Urheber auszumachen und
zu benennen, über dessen Geisteshaltung solche Worte so unendlich
viel aussagen.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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