LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Wahlen Hessen/Niedersachsen
Geschrieben am 27-01-2008 |
Leipzig (ots) - Der große Verlierer des gestrigen Wahlabends heißt Roland Koch. Mit der Thematisierung hoher Kriminalitätsraten von Jugendlichen mit Zuwanderungshintergrund wollte er vom SPD-Lieblingsthema Mindestlohn ablenken. Der Schuss ging gründlich nach hinten los: Statt seine CDU-Anhänger mobilisierte er die konkurrierenden Sozialdemokraten und verwirrte das eigene bürgerliche Lager im traditionell linken Hessen - nicht erst im Wahlkampf übrigens. Lange unterstützte der Konservative Koch die von der CDU-Vorsitzenden Merkel veranlasste Linkswanderung der Union. Als im Dezember Meinungsumfragen für ihn Unheil verhießen, schwenkte er hektisch um - und überzog. Die Botschaft ist eindeutig: Wer als langjähriger Regierungschef aufgeregt draufhaut wie ein weit abgeschlagener Oppositionsneuling, der wird vom Wähler abgestraft. Dass Koch die absolute Mehrheit nicht würde halten können, war klar. Jetzt hat er, der oft als einer der begabtesten deutschen Politiker genannt wird, ein persönliches Debakel erlebt. Anders als Koch machte es Christian Wulff in Niedersachsen, der sich seit langem auf Distanz zur Kanzlerin befindet, mit moderaten Tönen stets bürgerliche Werte vertritt und geradezu präsidial über Untiefen des Parteienstreits hinwegsteuerte. Mit seinem klaren Sieg und seiner Popularität ist Wulffs bundespolitische Rolle trotz spürbarer Stimmenverluste eindeutig gewachsen. Er ist der Liebling der Partei, Merkels - von ihr ungeliebter - Kronprinz. Im Kampf um eine mögliche Kanzlerkandidatur muss er Koch nicht mehr fürchten. Wenn Angela Merkel als CDU-Vorsitzende die Wahlergebnisse von Hessen und Niedersachsen betrachtet, kann ihr nur mulmig werden: Der Linksrutsch in Deutschland setzt sich fort. Die hessische SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti gehört zum linken Flügel ihrer Partei und konnte mit entsprechenden Positionen beim Wahlvolk punkten, das laut Meinungsumfragen den Linksrutsch der deutschen Politik nicht als solchen empfindet. Merkel schafft es nicht, zum Vormarsch des Staates als scheinbaren Heilsbringer eine bürgerliche Gegenwelt aufzubauen. Hessen und Niedersachsen zeigen: Die Linke mit ihren einfachen Parolen wird auch im Westen der Republik salonfähig. Sie ist der größte Sieger der Landtagswahlen. Die Linke hat es verstanden, Verteilung und vermeintliche Ungerechtigkeit in den Mittelpunkt des Wählerempfindens zu rücken, wirtschaftspolitische Themen spielten kaum eine Rolle. Für die anstehende Wahl in Hamburg sinken die Chancen der CDU, dort weiterregieren zu können, nun dramatisch. Selbst in Niedersachsen verfügt Wulff mit der FDP nur über eine dünne Mehrheit, weil die Linke das sozialistische Wählerpotenzial ausschöpfte und in den Landtag einzieht. Auf Dauer kann die CDU nicht darauf spekulieren, dass die Lafontaine-gebeutelte SPD eine Koalition mit den Linken verweigert. Der Sündenfall der SPD, es in einem westlichen Bundesland zu tun, ist nur eine Frage der Zeit und wird eher an den Grünen scheitern als an den weichgeklopften Sozialdemokraten. Beide in Berlin regierenden Parteien werden besonders an dem hessischen Wahlergebnis noch einige Zeit zu knabbern haben.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Pressekontakt: Leipziger Volkszeitung Redaktion Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
116456
weitere Artikel:
- WAZ: Nach den Landtagswahlen: Die Schwäche der SPD hilft der Linkspartei - Leitartikel von Norbert Robers Essen (ots) - Die Wählerinnen und Wähler haben es den Parteien und Wahl-Analytikern nicht leicht gemacht. In Niedersachsen liegt die CDU trotz leichter Verluste deutlich vor der schwächelnden SPD - in Hessen ist die Union dagegen in spektakulärer Weise abgestürzt, während sich die Sozialdemokraten wieder an die Spitze gesetzt haben. Die SPD ist der gefühlte Sieger dieses Abends. Aber nur, weil die Republik in ihrer Aufmerksamkeit allzu sehr auf den hessischen Ministerpräsidenten Koch fixiert war - diese Interpretation greift jedoch zu kurz. mehr...
- WAZ: Für Merkel wird es enger - Kommentar von Ulrich Reitz Essen (ots) - Rambo Koch verliert, Kuschel-Wulff gewinnt. Heißt das wirklich, dass man mit Kuscheln weiter kommt als mit Kämpfen? Wohl kaum. Koch hatte es viel schwerer: er trat zum dritten Mal an, Wulff musste nur zum ersten Mal wiedergewählt werden. Kochs Kampagne ging daneben, weil sie nicht seine Stärken offenbarte, sondern seine Schwächen zeigte. Der Rhetorik der Stärke war eben keine Politik der Stärke vorausgegangen. So etwas kostet Glaubwürdigkeit, auf die es gerade in diesen von Politik enttäuschten Zeiten besonders ankommt. mehr...
- Weser-Kurier: Zum Ergebnis der Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen Bremen (ots) - Wenn SPD-Parteichef Beck den Wahltag als Erfolg für den von ihm eingeschlagenen Sozial-Kurs der SPD vereinnahmt, so darf er sich da nicht zu sicher sein. In Niedersachsen hat das jedenfalls nicht gezogen und das hessische Ergebnis wäre ohne Koch wohl auch nicht denkbar gewesen. Einmal abgesehen davon, dass Frau Ypsilanti einen schönen Erfolg für sich verbuchen konnte, hat die SPD weder in Hessen, aber schon gar nicht in Niedersachsen das Aufkommen der Linken verhindern können. Im Gegenteil: Sie hat zu ihrem Erstarken beigetragen. mehr...
- Bremer Nachrichten: zu den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen. Bremen (ots) - Was das mit Angela Merkel zu tun hat? Im nächsten Jahr wird der Bundestag gewählt. Da geht es jetzt schon nicht nur für die SPD um die Richtung. Auch die Union muss sich für ihren künftigen Kurs entscheiden: Zurückhaltend bedächtig wie Angela Merkel oder aber krawallig wie ein Roland Koch. Am Abend der Doppelwahl von Niedersachsen und Hessen wäre die Entscheidung klar. Aber bis zum Herbst 2009 finden noch eine ganze Reihe von Abstimmungen statt, die nächste schon am 24. Februar zur Bürgerschaft in Hamburg. Für die SPD wird mehr...
- Kölner Stadt-Anzeiger: Laumann geht auf Distanz zu Kochs Wahlkampf: Wulffs Stil ist der richtige CDA-Chef mahnt Union zu arbeitnehmerfreundlicher Politik Köln (ots) - Köln - Der nordrhein-westfälische Sozialminister und Vorsitzende des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, hat sich indirekt von der Wahlkampfführung des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) distanziert. "Ich glaube, dass der Politikstil von Christian Wulff, Reformen konsequent zu machen und dann einen argumentativen, differenzierten Wahlkampf zu führen, die richtige Linie ist", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag-Ausgabe) mit Blick. Angesichts des Erstarkens von SPD und Linkspartei in Hessen und mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|