Tilda Swinton: Zeit mit Jarman war meine Geburt als Künstlerin
Geschrieben am 06-02-2008 |
Hamburg (ots) - Tilda Swinton will mit dem von ihr produzierten Dokumentarfilm Derek dem verstorbenen Regisseur Derek Jarman ein Denkmal setzen. Der Film sei aus dem Gefühl entstanden, "dass zu viele talentierte Künstler und Regisseure noch nie etwas von Derek Jarman gehört haben". Dem ZEITmagazin LEBEN sagt sie, dass Jarman für sie "eine Gegenkraft, aber von innen, aus dem Herzen der Kultur heraus" gewesen sei. "Ich fühlte mich wie ein Kind, das in dieser Umgebung erzogen wurde. Denn die Zeit mit Jarman war meine Geburt als Künstlerin." Der Film wird auf der Berlinale gezeigt.
Ihr sei klar geworden, so Swinton, "dass die Filmlandschaft in England nach Jarmans Tod nicht mehr dieselbe war." Sie suchte Kontakte zu unabhängigen amerikanischen Regisseuren und machte, wie sie sagt, "auch eine kleine Karriere in Hollywood". Die Schauspielerin: "Ich fühle mich wirklich wie eine Spionin, zumindest seit ein paar Jahren. Ich habe Disney-Sets und jetzt die neuen Filme von David Fincher und den Coen-Brüdern ausspioniert. Mit den Coens habe ich mich gut verstanden, da konnte ich meine Tarnung ein bisschen fallen lassen. Und dieses Jahr markiert das Ende meines siebenjährigen Infiltrationsprogramms."
Swinton, Tochter aus adligem schottischen Haus, wurde im elitärsten englischen Internat erzogen, studierte in Cambridge Sozialwissenschaften und Literatur: "Da, wo ich aufgewachsen bin, hat man ein sehr starres Bild von sich und der Welt." Deshalb habe sie sich immer heimisch gefühlt "unter Menschen, die ihre eigenen, einzigartigen Wege suchen. Etwa in Londons gay community der achtziger Jahre". Die Idee der Identität als einer fest gefügten Einheit habe ihr nie eingeleuchtet: "Identität ist nichts, woran man seinen Hut aufhängen kann." Sie habe schon früh versucht, sich dem disziplinarischen Terror ihres Vaters zu verweigern. "Das Militär", sagt Swinton, "will den Einzelnen festlegen und einordnen. Es ist das exakte Gegenteil von Selbstbestimmung". Deshalb fühle sie sich so wohl vor dem Objektiv. Der Platz vor der Kamera, sagt Swinton, sei für sie der Ort, an dem sie bei sich selbst sei. "Der Ort, an dem ich ganz allein bin und mich allem entziehen kann."
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