Optimale medizinische Versorgung von Typ 1-Diabetikern gesichert / G-BA schützt Solidargemeinschaft vor überteuerten Pharmapreisen
Geschrieben am 22-02-2008 |
Köln/Berlin (ots) - Kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung von Typ-1-Diabetikern bleiben grundsätzlich nur dann zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig, wenn sie nicht teurer sind als Humaninsulin. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Köln beschlossen.
In begründeten Ausnahmen können durch den Vertragsarzt kurzwirksame Insulinanaloga allerdings weiterhin zu Lasten der GKV verordnet werden, etwa wenn Patientinnen oder Patienten allergisch auf Humaninsulin reagieren oder eine stabile adäquate Stoffwechsellage mit Humaninsulin bereits in der Vergangenheit nicht erreicht werden konnte, dies mit kurzwirksamen Insulinanaloga aber nachweislich gelingt. Diese Ausnahmen gelten ohne Einschränkung für alle Patientinnen und Patienten, also auch für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsene aller Altersgruppen.
"Die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes-Typ-1 ist mit Humaninsulin grundsätzlich ebenso zweckmäßig und erfolgreich wie mit einem kurzwirksamen Insulinanalogon. Die nach Berücksichtigung der schriftlichen und mündlichen Anhörungen in den Beschluss aufgenommenen Ausnahmen gewährleisten zudem, dass alle Betroffenen, die an Diabetes Typ 1 leiden - insbesondere auch Kinder und Jugendliche - weiterhin optimal behandelt werden können. Der G-BA sichert mit dieser lediglich vom Preis abhängigen Einschränkung die bestmögliche Versorgung von Diabetes-Typ-1-Patientinnen und -Patienten. Zugleich wird er seiner nicht minder wichtigen Verantwortung gerecht, die er für die dauerhafte Finanzierbarkeit medizinisch notwendiger Leistungen der GKV trägt", sagte Dr. Rainer Hess, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, am Freitag in Berlin.
Bei der Entscheidungsfindung des G-BA stellte sich die Frage, ob es bei der Behandlung mit einem kurzwirksamen Insulinanalogon einen durch wissenschaftliche Studien belegten Zusatznutzen gibt, der den derzeit deutlich höheren Preis der Präparate rechtfertigt. "Entsprechende Belege hierfür hat die pharmazeutische Industrie bisher nicht vorlegen können, obwohl die Insulinanaloga bereits seit rund einem Jahrzehnt in Deutschland auf dem Markt sind. Deshalb musste der G-BA im Interesse von vielen Millionen gesetzlich krankenversicherten Menschen und Beitragszahlern eine Entscheidung treffen, die ungerechtfertigte Mehrkosten vermeidet und zugleich für die Patientinnen und Patienten die optimale Versorgung gewährleistet", sagte Hess.
Sollten die Pharmaunternehmen in Folge des G-BA-Beschlusses künftig die Preise für die Insulinanaloga auf das Niveau von Humaninsulin absenken, wären sie umgehend ohne weiteren Beschluss des G-BA voll zu Lasten der GKV verordnungsfähig.
Mit dieser Entscheidung setzt der G-BA eine entsprechende Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zu kurzwirksamen Insulinanaloga bei Diabetes-Typ-1 um. In der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA werden die Einzelheiten einer medizinisch notwendigen und wirtschaftlichen ärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise verbindlich geregelt.
Im Juli 2006 hatte der G-BA bereits ebenfalls auf der Grundlage einer Nutzenbewertung durch das IQWiG den Beschluss gefasst, dass kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 grundsätzlich nur dann zu Lasten der GKV verordnungsfähig sind, wenn diese nicht teurer sind als Humaninsulin.
Als Humaninsulin wird die synthetische Nachbildung des körpereigenen, natürlichen Hormons Insulin bezeichnet. Insulinanaloga sind Abwandlungen des Hormons Insulin, die wie Humaninsulin den Blutzucker-Spiegel senken. Sie sind in Deutschland seit etwa zehn Jahren auf dem Markt. Insulinanaloga sind in der Struktur dem Insulin ähnlich aufgebaute Hormone und können um ein Vielfaches teurer sein als Humaninsulin. In Deutschland gibt es circa 200 000 Diabetes-Typ-1-Patientinnen und -Patienten, davon etwa 25 000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren.
Der Beschluss des G-BA wird dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt und tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.
Der Beschlusstext sowie eine entsprechende Erläuterung werden in Kürze im Internet auf der Seite
http://www.g-ba.de/cms/front_content.php?idcat=56
veröffentlicht.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für etwa 70 Millionen Versicherte. Der G-BA legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der GKV übernommen werden. Rechtsgrundlage für die Arbeit des G-BA ist das fünfte Buch des Sozialgesetzbuches (SGB V).
Den gesundheitspolitischen Rahmen der medizinischen Versorgung in Deutschland gibt das Parlament durch Gesetze vor. Aufgabe des G-BA ist es, innerhalb dieses Rahmens einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung in der Praxis zu beschließen. Die von ihm beschlossenen Richtlinien haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle Akteure der GKV bindend.
Bei seinen Entscheidungen berücksichtigt der G-BA den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit einer Leistung aus dem Pflichtkatalog der Krankenkassen. Zudem hat der G-BA weitere wichtige Aufgaben im Bereich des Qualitätsmanagements und der Qualitätssicherung in der ambulanten und stationären Versorgung.
Weitere Informationen finden Sie unter http://www.g-ba.de .
Originaltext: G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62954 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_62954.rss2
Pressekontakt: Kai Fortelka Kommunikationsreferent Stabsbereich Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation
Gemeinsamer Bundesausschuss Auf dem Seidenberg 3a D-53721 Siegburg
Telefon: +49 2241 9388-48 Telefax: +49 2241 9388-35 E-Mail: Kai.Fortelka@g-ba.de Internet: http://www.g-ba.de
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