Wechsel von Thyroxinpräparaten riskant / Bioverfügbarkeit der Präparate ist verschieden / Schilddrüsen-Hormone haben geringe therapeutische Breite

Bonn (ots) - Der ständige Wechsel zwischen Thyroxinpräparaten
verschiedener Hersteller, den Patienten seit April 2007 akzeptieren
müssen, ist wegen der unterschiedlichen Bioverfügbarkeit abzulehnen.
Darauf weist Professor Christoph Reiners aus Würzburg hin.

Seit April 2007 erhalten Patienten in der Apotheke nicht mehr
automatisch das rezeptierte Medikament, sondern, wenn zwischen
Hersteller und Krankenkasse ein Rabattvertrag besteht, nur
rabattierte Präparate.Das soll der Kasse bares Geld sparen. Rechnet
man aber nach, macht das bei einer Tagesdosis von 100 Mikrogamm bis
zu 1,80 Euro im Jahr.

Außerdem erfährt der Arzt frühestens bei der nächsten Kontrolle -
also oft erst nach einem halben Jahr -, welches Präparat der Patient
erhalten hat. Schilddrüsen-Hormone haben aber eine geringe
therapeutische Breite, und die Bioverfügbarkeit der Präparate ist
verschieden. Bei Generika etwa darf sie 80 bis 125 Prozent von der
eines Standardpräparates betragen. "Das ist eine Schwankungs-breite
von 55 Prozent."

Krankenkassen sparen bei einem Wechsel nicht.

Was das bei zuvor gut eingestellten Patienten bedeutet, ist klar:
Es ist nicht egal, ob eine gut passen-de Tagesdosis von
bioverfügbaren 100 Mikrogamm bei einem Präparat dann bei einem
anderen auf 155 Mikrogamm steigt - und das über Monate. Das könnte
Folgen haben. So gab es in britischen Studien bei Patienten mit
supprimiertem TSH (Thyreoidea-Stimulierendes-Hormon) und
kardiovaskulären Erkrankungen eine erhöhte Herzinfarkt-Sterblichkeit.

Bei zu hohem TSH steigt das Risiko für schwere Herzinsuffizienz.
Und: Für Patienten mit Schilddrüsenkarzinom ist eine stabile
TSH-Suppression wichtig, weil sie das erneute Wachstum des Krebses
verhindern soll.

Patienten haben inzwischen auch schon teilweise erlebt, dass ihr
Befinden sich unter verschiedenen Thyroxinpräparaten ändert. Beides
wirkt nicht gerade Compliance-fördernd und kann die ärztliche Arbeit
erschweren.

Der Aufwand bei einem Präparate-Hopping stehe auch in keinem
Verhältnis zu der geringen Ersparnis von jährlich bis zu 1,80 Euro.
Der Arzt müsste jedesmal, wenn der Apotheker dem Patienten ein neues
Präparat gibt, nach vier bis sechs Wochen den TSH-Spiegel
kontrollieren. Wird eine Dosisanpassung nötig, vielleicht noch ein
zweites Mal. Dabei kostet jede Kontrolle die Kassen 10 bis 25 Euro.

Originaltext: Schilddrüsen-Liga Deutschland e.V.
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