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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Dresdener Elbtal

Geschrieben am 03-03-2008

Bielefeld (ots) - Manchmal, da wird es laut in Deutschland,
Schreibtischtäter!, ruft der eine, Hitler wollte das auch schon tun!,
schallt es zurück, und dann weiß man: Die Deutschen debattieren
wieder. Diesmal geht es um Brücke oder Tunnel oder Alles-so-lassen.
Alles so zu lassen, wie es ist, würde im Dresdener Elbtal und im
Mittelrheintal bedeuten, dass der Status des Weltkulturerbes erhalten
bliebe. Den Deutschen aber, sobald er etwas Ansehnliches vorzuzeigen
hat, erfasst nicht verdienter Konservatorenstolz, sondern das
Bedürfnis, das Schöne auszubauen, umzubauen und zu betonieren.
Sachsens Politiker wollen das Waldschlößchenmonstrum in die Flussauen
rammen. Ihre rheinland-pfälzischen Kollegen ducken sich in den
Windschatten einer Initiative, die tönt, bei der Rheinbrücke an der
Loreley sei es nicht fünf vor Zwölf, sondern bereits Viertel nach
Eins.
Seit 200 Jahren geht das nun schon so: Tempo! Tempo! »An die Stelle
der trägen Behaglichkeit ist ein allgemeines Treiben und Wirken
getreten«, ächzte ein Journalist im Jahr 1801, als man in deutschen
Landen meinte, jetzt beginne die Moderne. Seither steht, Generation
für Generation, mit schöner Regelmäßigkeit jemand auf und verkündet,
er führe uns herrlichen Zeiten entgegen.
In Dresden geht angeblich die Sonne auf, sobald der Güterverkehr noch
schneller auf die beiden Stadtautobahnen kommt. An der Loreley wird
alles gut, wenn die 1482 Einwohner des rechtsrheinischen St.
Goarshausen zügig auf die A61 brausen können. Mal ehrlich: Sind diese
Argumente nicht ein bisschen dürftig?
Leider stellt sich diese Frage immer seltener, wenn Deutschland
debattiert. Auf der einen Seite des Tisches nämlich hocken in der
Regel Politiker, die ungeprüft die Angaben der Wirtschaftslobbyisten
wiederkäuen. Diesen von der Schulbank ohne Umweg über eine fachliche
Ausbildung in die politischen Gremien eingezogenen Jasagern sitzen
hochqualifizierte Spezialisten gegenüber wie die von ICOMOS, dem
Beratergremium der Unesco - Kunsthistoriker und Denkmalpfleger,
Ingenieure und Architekten. Übrigens auch Wirtschaftswissenschaftler.
Wann immer die an den Fäden des Lobbyismus tanzende Politik mit der
Faust auf den Tisch haut, prügelt sie eine alte Gewissheit: dass die
Gemeinschaft niemals nur von Ökonomen getragen wird, sondern ebenso
von Menschen, die Natur erhalten und Kultur schaffen. Man mag sie
Schöngeister nennen - die Reise in die Moderne wäre ohne den
Bildungsbürger ein Horrortrip geworden.
Die Frage des Bürgermeisters von St. Goarshausen, eines
Brückenbefürworters, wieviele Besucher denn überhaupt wegen des
Weltkulturerbe-Status zur Loreley pilgern, zeugt von erschreckender
Unkenntnis: Der Welterbe-Titel ist kein touristisches Gütesiegel,
sondern die Auszeichnung eines dauerhaft bewahrenswerten Gutes.
Daraus ergeben sich unvergängliche Verpflichtungen. Betonbauer sind
hier fehl am Platz.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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