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WAZ: Serben greifen UN und Kfor an - Katz und Maus im Kosovo. Kommentar von Christian Balke

Geschrieben am 17-03-2008

Essen (ots) - Am Montag spielten sich in Kosovska Mitrovica Szenen
ab, die in verhängnisvoller Weise an die Gewalt-Orgien erinnerten,
die sich vor 15 Jahren in Kroatien und Bosnien-Herzegowina
ereigneten. Wie damals in Bosnien, machten Serben Jagd auf Blauhelme.
Prächtig verstanden es Milosevic, Karadzic und Seselj, die damaligen
Führer des radikal-nationalistisch orientier-ten Serbien der
neunziger Jahre, gezielt geplante Gewaltakte vor der
Weltöffentlichkeit als spontane, aus der Emotion geborene
Zusammenstöße darzustellen.

Nur scheinbar spontan waren auch die gestrigen Exzesse im Norden
des Kosovos, das zwischen Albanern und Serben zweigeteilt ist. Es war
kein Zufall, dass die Lage ausgerechnet am 17. März eskalierte. Exakt
vier Jahre nach dem gewaltsamen Tod von acht Kosovo-Serben setzten
deren radikale Landsleute ein Ausrufezeichen gegen Ruhe und
Besinnung, die in der Region seit Tagen herrschten. Wer von spontanem
Aufbäumen gepeinigter serbischer Bürger spricht oder schreibt,
verkennt völlig die gesellschaftlichen Realitäten in Serbien und im
Kosovo.

Während der serbische Präsident Boris Tadic krampfhaft versucht,
sich nicht zu verrenken beim Spagat zwischen pro-europäischer Politik
und nationalen Durchhalteparolen, muss ein anderer sich in Brüssel
gar nicht anbiedern: Tomislav Nikolic, Chef der Radikalen Partei
Serbiens, ist Herr über Hooligans und Freischärler, der starke Mann
in Serbien. Nikolic kontrolliert die "Macht der Straße", kokettiert
offen damit, dass nur er derjenige sei, der Gewalt verhindern kann -
wenn er denn will. Bereits die gewalttätigen Ausschreitungen bei den
Demonstrationen in serbischen Großstädten wurden von den
"Streetworkern" der Radikalen organisiert.

Kein Fußballfanklub, kein Veteranen-Verband, keine Gangsterkneipe
in Serbien, in denen die Radikalen nicht mindestens einen Kontaktmann
haben, der im Zweifelsfall den Marschbefehl gibt: Wörtlich, per SMS
oder E-Mail. Ausgeschöpft hat Nikolic seine Mittel noch nicht.
Schusswaffen und Granaten, wie Montag in Mitrovica, werden seine
Anhänger wohl auch in naher Zukunft nur dosiert einsetzen, um keinen
Kampf zu provozieren, den sie am Ende nur verlieren können.

Nikolics Signal an die Kfor ist dennoch klar: Die zweite
Eskalationsphase im Kosovo hat begonnen. Die Rollen im
"Kosovo-Katz-und-Maus" sind ebenso klar verteilt: Nikolic und seine
Verbündeten agieren, die Kfor appelliert, wartet ab und reagiert.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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