Wiesbadener Kurier: Zu Merkel/Israel
Geschrieben am 18-03-2008 |
Wiesbaden (ots) - In das deutsch-israelische Verhältnis wird in diesen Tagen eine Menge hineininterpretiert, vielleicht zu viel. Der Auftritt der deutschen Regierungschefin vor der Knesset stellt sicher eine große Ehre und symbolträchtige Geste dar. Ob er aber das vom israelischen Ministerpräsidenten Olmert vergebene Prädikat "historisch" verdient, muss vorerst dahingestellt bleiben. In offiziellen Stellungnahmen regierungsamtlicher Stellen in Berlin fehlt der Hinweis auf die Besondertheit der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel - zu recht - nie. Die Bekundung droht aber zu einer Floskel zu verkommen, wenn Israel daraus nicht die Berechtigung deutscher Regierungen ableitet, auch unliebsame Positionen im Nahost-(Friedens)prozess zu vertreten. Das empfinden offenbar auch viele Bundesbürger so. In einer neuen Umfrage wollten nur noch 42 Prozent von ihnen die besondere - den Israelis verpflichtete - Beziehung akzeptieren. 52 Prozent sprachen sich dagegen aus. Ein Alarmzeichen, möglicherweise geboren aus der Annahme, dass Israel auf den Rat befreundeter Nationen eher hört, wenn er sich mit den eigenen Vorstellungen deckt. Die USA, entscheidende Größe bei der Beilegung des Konflikts, bringen Kritik nur in homöopathischen Dosen an, stehen fest an der Seite des jüdischen Staates. Dieser Marschroute schließt sich die Bundesrepublik allzu bereitwillig an. Ob Bundeskanzlerin Merkel aus der Überhäufung mit Lob während ihrer Israel-Visite entsprechende Schlüsse zieht, wenn sie im Sommer die Palästinenser-Konferenz in Berlin leitet, wird sich zeigen. Dabei ist es wie auch sonst im Leben: Freunden kommt eine besondere Rolle zu - sie müssen sich auch Dinge sagen können, die weh tun. Das schließt nicht nur einseitige Parteinahme zugunsten Israels aus. Es muss - trotz der dunklen Kapitel unserer Geschichte - auch die Möglichkeit einschließen, vom jüdischen Staat Vorleistungen in einem Friedensprozess einzufordern.
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