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Neues Urheberrechtsgesetz - ein Rückschritt? / Experten warnen vor Qualitätsverlust in der Wissenschaft und fordern den elektronischen Zugriff auf Volltexte

Geschrieben am 23-04-2008

Hannover (ots) - Laut einer GetInfo-Umfrage unter Experten
anlässlich des "Tags des geistigen Eigentums" am 26. April wird der
Spielraum der Bibliotheken durch das neue Urheberrecht stark
eingeschränkt. Statt einer Beschleunigung der Informationsversorgung
durch digitale Lieferungen sind Bibliotheken zunächst gezwungen,
wieder auf Post- und Faxversand zurückzugreifen. Damit
wissenschaftliche Fachinformationen nicht wegen langsamerer
Versandformen ins Abseits geraten, sind neue Lösungen gefragt. So
verhandelt die Technische Informationsbibliothek (TIB) Hannover
derzeit mit den Verlagen Lizenzen neu.

Am 1. Januar 2008 trat der sogenannte "zweite Korb" der
Urheberrechtsnovelle in Kraft. Damit wird das Urheberrecht laut
Gesetzgeber an das digitale Zeitalter angepasst. "In der Anwendung
ist das neue Urheberrechtsgesetz allerdings erst mal deutlich
komplizierter als zuvor", so Uwe Rosemann, Direktor der TIB Hannover.
Verbraucher haben weiterhin das Recht auf eine Privatkopie.
Öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken dürfen mit digitalen
Kopien allerdings nicht mehr in Konkurrenz zum Verlag treten. Sobald
dieser über ein Online-Angebot verfügt, müssen die Bibliotheken auf
Versand von Papierkopien per Post oder Fax ausweichen. Darüber hinaus
dürfen kommerzielle Kunden ausschließlich per Papierversand von den
Bibliotheken beliefert werden.

Derzeit umständliche Informationsbeschaffung Leser sind bereits
seit den 1990er-Jahren gewohnt, die Dokumente in zeitgemäßen Formaten
an den PC geliefert zu bekommen. Seit 1. Januar sehen sich die
Bibliotheken sowie ihre Kunden nun wieder einer Papierflut gegenüber:
Kurt Schröder von der Universitätsbibliothek Dortmund berichtet von
einem Verbrauch von 12.000 Seiten Papier allein in einem Monat. Auch
Dr. Johann Leiß von der Universitätsbibliothek der Technischen
Universität München bestätigt: "Die Dokumentenlieferung ist
komplizierter geworden. Post- und Faxversand sind Rückschritte." Der
Informationssuchende wird schneller auf Wissen bei Wikipedia oder
Google zurückgreifen - mit negativen Auswirkungen auf das
wissenschaftliche Niveau. Denn diese frei zugänglichen Angebote
reichen vor allem hinsichtlich der Validität nicht an qualifizierte
Fachinformationen von Bibliotheken oder wissenschaftlichen
Fachportalen wie GetInfo heran.

Gefahr für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort "Die
Bedingungen wissenschaftlicher Arbeit haben sich momentan durch die
Folgen des neuen Urheberrechts dramatisch verschlechtert", ist sich
Prof. Dr. Eberhardt R. Hilf, Geschäftsführer der Institute for
Science Networking Oldenburg GmbH, sicher. "Wenn die Situation
bleibt, wie sie ist, wird Deutschland gegenüber Ländern wie
beispielsweise USA regelrecht von der wissenschaftlichen Entwicklung
abgeklemmt", mahnt er. Hinzu kommt, dass durch eingeschränkte
Konkurrenzangebote und erhöhten Aufwand die Preise steigen. Das wird
nicht nur bei den finanziell eingeschränkten Hochschulen, sondern
auch in der wirtschaftlichen Forschung zu einer zurückhaltenden
Bestellung von Fachliteratur führen.

Gefragt sind intelligente Lösungen

Trotz der Unsicherheiten und Schwierigkeiten, die die
Gesetzesänderung zunächst mit sich gebracht hat, sollten die
Dokumentenlieferanten konstruktiv reagieren. Die TIB Hannover wird
mit dem Angebot GetInfo weiterhin den Direktzugriff auf elektronische
Volltexte aus dem Bereich Technik und Naturwissenschaften
ermöglichen. Mithilfe neu verhandelter Lizenzen mit den Verlagen als
Rechteverwertern und den Bibliotheken als Anbietern hat GetInfo damit
begonnen, Preise- und Versandwege wieder zu vereinheitlichen.
Grundlage dieser Lizenzneuvereinbarungen ist der Rahmenvertrag für
den elektronischen Versand von wissenschaftlichen
Zeitschriftendokumenten im deutschsprachigen Raum, den der
Dokumentenlieferdienst der Bibliotheken subito bereits Ende Dezember
2007 mit nationalen und internationalen Wissenschaftsverlagen
vereinbarte. Das ist gegenwärtig die einzige Möglichkeit, der
Novellierung des Urheberrechtes zu begegnen. "Wir stehen in engen
Verhandlungen mit allen relevanten Verlagen und können bereits erste
Erfolge verzeichnen. So haben wir zum Beispiel mit den Verlagen
Walter de Gruyter, Emerald, Karger, Springer, Taylor&Francis und
Thieme wichtige Partner für Pay-per-View-Verträge gewonnen. Darüber
hinaus sind bereits Verträge über den Kopienversand beispielsweise
mit Springer, Wiley, IOP Publishing und Thieme abgeschlossen", sagt
Uwe Rosemann. Die elektronische Lieferung zu Vertragsbedingungen bei
GetInfo ist unkompliziert: Der Kunde erhält sein Dokument
elektronisch, über ein Rechteverwaltungssystem (Digital Rights
Management (DRM)) verschlüsselt und damit rechtskonform zu den
Bedingungen der Rechteinhaber. Der Kunde darf das Dokument
beispielsweise innerhalb von 30 Tagen beliebig oft öffnen und zweimal
ausdrucken.

An der Befragung von GetInfo haben folgende Institutionen und
Unternehmen teilgenommen: Institute for Science Networking Oldenburg
GmbH (ISN), Technische Universität Dortmund, Technische Universität
München, Technische Universität Cottbus, Fachhochschule
Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, Braun GmbH (Kronberg/Taunus).

Über GetInfo:

GetInfo ist das Wissensportal für Technik und Naturwissenschaften.
Es ermöglicht die parallele Recherche von qualifizierten
Fachinformationen in verschiedenen Datenbanken sowie die Lieferung
der Volltexte in gedruckter oder elektronischer Form. Das
GetInfo-Portal ist eine Kooperation der Technischen
Informationsbibliothek (TIB) in Hannover und der deutschen
Fachinformationszentren FIZ Technik Frankfurt, FIZ Karlsruhe und FIZ
CHEMIE Berlin. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und
Forschung gefördert. www.getinfo.de

Originaltext: FIZ-Fachinformationszentrum-Technik-Inform GmbH
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67549
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67549.rss2

Ansprechpartner:
Uwe Rosemann
Direktor Technische Informationsbibliothek Hannover
Welfengarten 1 B
30167 Hannover
Tel.: (0511) 762-2531
Fax: (0511) 762-2686
E-Mail: uwe.rosemann@tib.uni-hannover.de
www.tib-hannover.de


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