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"Die Welt muss diese Kinder endlich hören!"

Geschrieben am 30-04-2008

Mogadischu/München (ots) -

Interview mit Helmut Kutin, Präsident der SOS-Kinderdörfer - der
soeben aus Mogadischu zurückgekommen ist

In Mogadischu sind die schwersten Kämpfe seit Monaten aufgeflammt.
Allein in den vergangenen Wochen wurden zwei SOS-Mitarbeiter getötet,
mehrere verletzt. Schon im Dezember waren SOS-Mitarbeiter und ihre
Kinder ums Leben gekommen. Das SOS-Kinderdorf wurde evakuiert, die
Hermann-Gmeiner-Schule stellte den Unterricht ein. Immerhin: Das
SOS-Krankenhaus, das ebenfalls geschlossen worden war, hat den
Betrieb wieder aufgenommen, in der Nachbarschaft kommt es aber weiter
zu Gefechten. Der Präsident der SOS-Kinderdörfer, Helmut Kutin, hat
sich selbst ein Bild gemacht.

Herr Kutin, wie waren Ihre ersten Eindrücke, als Sie in Mogadischu
angekommen sind?

Unsere einheimischen Mitarbeiter haben mich sofort in ein Auto
gesetzt, um mich in eine sichere Gegend zu bringen. Die kurze Fahrt
zeigte die Wunden von 17 Jahren ununterbrochener Kampftätigkeit:
Alles zerschossen, alles zerstört, verstörte Menschen, verstörte
Kinder. Für mich war das einer der deprimierendsten Besuche in meinem
ganzen Kinderdorfleben.

Wie geht es den SOS-Kinderdorf-Familien?

Nach einem Granatenangriff musste das Kinderdorf evakuiert werden.
Mütter und Kinder wohnen in angemieteten Häusern in einem Stadtteil
nahe des Flughafens, der im Moment zu den sichersten der Stadt zählt.
Die Notsituation hat sie zusammengeschweißt, der Zusammenhalt ist
enorm.

Sie haben die Familien aus dem Kinderdorf erstmals nicht im Dorf,
sondern im Hotel getroffen. Was war das für eine Situation?

Hotel ist übertrieben, es war mehr eine Absteige, aber immerhin
sicher. Wächter mit Maschinenpistolen bewachten den Eingang. Es war
für mich ein unglaublich emotionaler Moment, den Blicken der Kinder
und der Mütter zu begegnen, die all ihre Verletztheit widerspiegelten
und gleichzeitig eine große Kraft. Und zu sehen, wie die
SOS-Kinderdorf-Idee weitergelebt wird, wenn auch zur Zeit nicht im
SOS-Kinderdorf, sondern in angemieteten Häusern in der Stadt
Mogadischu.

Stand für die SOS-Kinderdörfer je zur Debatte, sich komplett aus
Somalia zurückzuziehen?

Vor zehn Jahren waren wir nahe daran, das gesamte SOS-Kinderdorf
an die Grenze zu Kenia umzusiedeln, haben uns dann aber dagegen
entschieden. Aktuell haben die SOS-Mütter und der Dorfleiter, die die
Situation besser kennen als wir alle, beschlossen, in Notunterkünften
in Mogadischu zu bleiben, bis sie wieder ins Kinderdorf zurückkehren
können.

Welchen Einfluss haben die SOS-Kinderdörfer in Somalia?

Das SOS-Kinderdorf in Mogadischu hat eine hervorragende Stellung,
was die Betreuung von Waisenkindern angeht. Insbesondere das
angeschlossene Krankenhaus war von größter Bedeutung, denn es war
eines der ganz wenigen, das insbesondere Kindern und Frauen geholfen
hat. Das couragierte Eintreten unserer Mitarbeiter hat es ermöglicht,
dieses nun wieder zu eröffnen. Täglich werden dort einige hundert
Patienten betreut.

Wie kann man unter diesen Bedingungen ein Krankenhaus aufrecht
erhalten?

Das geht nur mit großem persönlichen Einsatz. Einer unserer
leitenden Ärzte, ein Somali, hat seine Ausbildung in Italien gemacht
und seine Praxis in England aufgebaut und vor vier Monaten
beschlossen, für ein Jahr in Somalia seinen Landsleuten zu helfen. Er
motiviert alle anderen Mitarbeiter. Die Medikamente bekommen wir über
tägliche Flüge, die von Echo und anderen Organisationen durchgeführt
werden.

Die SOS-Schule ist geschlossen, wie findet der Unterricht statt?

Die Kinder werden provisorisch in einer leer stehenden
Fabrikhalle unterrichtet, in Klassenzimmern, die wir mit einfachen
Brettern abgeteilt haben. Es gibt kaum Fahrmöglichkeiten dorthin,
weshalb Lehrer und Kinder zum Teil Wege von zwei bis drei Stunden
täglich auf sich nehmen. Es ist unglaublich. Für die Menschen ist
dies aber auch ein Zeichen der Hoffnung, es passiert etwas.

Wie wird es in Somalia weitergehen?

Bei meinem Besuch haben die Kinder ein Lied gesungen, das ein
18-jähriger Student komponiert hat, der selbst durch Schüsse
schwerstverletzt wurde und nun auf Krücken gestützt den Chor geleitet
hat. "Wir möchten keinen Krieg, wir möchten keinen Hunger, aber
niemand hört uns", lautet eine Zeile. Die Welt muss diese Kinder
endlich hören, damit etwas passiert!

Radiosender finden das Interview zum kostenlosen Herunterladen
unter http://www.medienkontor-audio.de/beitraege/sos-kinderdoerfer

Originaltext: SOS-Kinderdörfer/Hermann-Gmeiner-Fonds
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/1658
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_1658.rss2

Bei Rückfragen:
SOS-Kinderdörfer weltweit
Hermann-Gmeiner-Fonds Deutschland e.V.
Silja Streeck
Kommunikation
Tel.: 089/179 14-259, Fax: 089/179 14-260
E-Mail: silja.streeck@sos-kd.org
Homepage: http://www.sos-kinderdoerfer.de


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