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Deutsche Marine: "Crew Resource Management" für die Marine - Ein Konzept, um die Sicherheit noch weiter zu erhöhen

Geschrieben am 30-04-2008

Glücksburg (ots) -

- Querverweis: Bildmaterial ist abrufbar unter
http://www.presseportal.de/galerie.htx?type=obs -

"Crew Resource Management" für die Marine - Ein Konzept, um die
Sicherheit noch weiter zu erhöhen

Zunehmende Beanspruchung in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr:
Ob am Horn von Afrika oder vor dem Libanon - bei der Deutschen Marine
sind Mensch und Material heute deutlich stärkeren Belastungen
ausgesetzt als noch vor einigen Jahren. Trotzdem ist die Zahl der
Unfälle rückläufig.

"Neue Panne bei Marine: Schnellboot brannte": So dramatisch titelt
in der vergangenen Woche eine norddeutsche Lokalzeitung. Was war
geschehen? Das Schnellboot "S79 Wiesel" liegt zur Routine-Inspektion
im Marinearsenal Kiel, der marineeigenen Werft. Ein Kabel in einem
Transformator fängt an zu schmoren: Schwarzer, beißender Qualm ist
die Folge. Im Marinejargon heißt das "Entstehungsbrand". Ein
beherzter Soldat erstickt mit einem Feuerlöscher den drohenden Brand
bereits im Keim. Als die alarmierte Kieler Feuerwehr einige Minuten
später im Arsenal ankommt, ist schon alles vorbei. Wegen des
technischen Defekts kommt es zu keinem nennenswerten Schaden.

Ist dieser Schwelbrand ohne Schaden tatsächlich ein
berichtenswertes Ereignis? Vor einigen Jahren hätten einige
Journalisten dies wohl verneint. Kein Schaden, kein Verletzter. Aber
ganz nach dem Motto: "Only bad News are good News" - die Marine gerät
im vergangenen Jahr durch bildhafte und vor allem spektakuläre
Unfälle in den Fokus der Journalisten. Zwei Schnellboote stoßen
zusammen und ein Minensuchboot läuft auf einen Felsen ("Grömitz on
the Rocks"). Peinliche Unfälle und Pannen scheinen sich zu häufen.
Doch hat die Zahl der schweren Unfälle wirklich zugenommen?

Kapitän zur See Michael Brühn verneint: "Die Zahl der Havarien ist
in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen - einige wenige waren
aber sehr spektakulär". Der ehemalige Kommandant der Gorch Fock
untersucht als "Beauftragter für Havarieuntersuchungen" Personen- und
Materialschäden der Marine. "Der Trend ist sogar rückläufig", sagt
Brühn und belegt seine Aussage mit einigen Zahlen: Gab es 2005 noch
49 Vorfälle, waren es 2006 nur noch 38. Ein Jahr später 37. Vor dem
Hintergrund, dass Seetage und Fahrstunden durch Auslandseinsätze in
den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen haben, ist dieser Trend
bemerkenswert.

"Jeder einzelne Vorfall wird von Spezialisten gründlich
untersucht", sagt Brühn. "Das geschieht zum einen, weil wir den
Sachverhalt aufklären möchten und zum anderen, weil wir aus Fehlern
lernen wollen", ergänzt er.

Die reinen Zahlen sagen natürlich nichts über die Art und Schwere
der Vorfälle. Bei den meisten Vorfällen - der bereits angesprochene
Schwelbrand ist ein gutes Beispiel - bleibt es bei nur geringen
Schäden. Hauptgrund dafür: die gute und professionelle Ausbildung der
Besatzungen. Diese werden am Ausbildungszentrum für Schiffsicherung
in Neustadt in Holstein regelmäßig und ausgiebig für den Ernstfall
trainiert - schließlich kann man auf See nicht einfach die Feuerwehr
rufen.

Trotzdem: Fehler sind unvermeidlich. Fehler sind immer auch ein
Nebenprodukt des menschlichen Handelns. Bei der Teilnahme am
Seeverkehr und in Extremsituationen lassen sich Unfälle und Pannen
ebenso wenig vermeiden wie bei der Teilnahme mit einem Auto im
Straßenverkehr. Auch mit modernster Technik nicht. "Die Unfallzahlen
können aber noch weiter minimiert werden", betont Vizeadmiral
Hans-Joachim Stricker. Der Befehlshaber der Flotte hat die Einführung
des sogenannten "Crew Resource Managements" (CRM) in die Flotte
angeordnet. Mit CRM wird das Bewusstsein noch weiter geschärft, dass
neben dem technischem Verständnis an Bord auch der
zwischenmenschliche Faktor eine sehr große Rolle spielt. CRM ist
ursprünglich eine Schulung für Luftfahrzeugbesatzungen. Durch die
CRM-Ausbildung verbessern sich die Fähigkeiten der "Non Technical
Skills" (nicht technische Fertigkeiten). Hierbei werden vor allem
vier Kategorien betrachtet: Kooperation, situative Aufmerksamkeit,
Führungsverhalten und Entscheidungsfindung.

"Indem ein Bewusstsein über Prozesse und Abläufe auch in diesem
Bereich geschaffen wird, wird die Teamfähigkeit der Besatzungen
weiter verbessert", erläutert Dominic Cardozo, Psychologe bei der
Lufthansa. Er ist dort zuständig für die ständige Weiterentwicklung
des CRM-Trainings. "Die Sicherheit im Luftverkehr ist durch CRM enorm
verbessert worden. Viele unserer Erfahrungen sind sicherlich auch auf
die Marine übertragbar."

Der Befehlshaber ist deshalb zuversichtlich: "Mit CRM holen wir
aus einer Besatzung, die komplexe Aufgaben zu erfüllen hat, die
optimale Leistung heraus". Er ergänzt: "Noch weniger Unfälle bedeuten
weniger Kosten und eine noch bessere Einsatzfähigkeit. Letztlich
aber, und das ist mir am wichtigsten, trägt das Crew Resource
Management zur Sicherheit unserer Marinesoldaten bei."

Originaltext: Presse- und Informationszentrum Marine
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/67428
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_67428.rss2

Pressekontakt:
Presse- und Informationszentrum Marine
Presseoffizier
Henning Radtke
Telefon: 04631-6664412
henningradtke@marine.de


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