Eröffnungsveranstaltung des 18. medienforum.nrw: Neue Plattformen, neue Netze, neue Marktmodelle
Geschrieben am 22-05-2006 |
Düsseldorf (ots) - Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers hat sich zum Auftakt des 18. medienforum.nrw am 22. Mai in Köln nachdrücklich zur Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekannt. ARD und ZDF müssten an den neuen digitalen Technologien und Mög-lichkeiten "in Technik und Programm in angemessenem Umfang teilhaben", betonte Rüttgers in seiner Eröffnungsrede. Dies gelte besonders für massenattraktive Angebote in den Berei-chen Internet und Mobile Media (Handy-TV). Eine Versteigerung von Handy-TV-Frequenzen sei deshalb nicht sinnvoll. Darüber hinaus betonte der Ministerpräsident, dass die Vergabe von Frequenzen im Bereich Mobile Media eine Sache der Länder sei "und nicht der Bundes-netzagentur oder des Bundes".
Angesichts der geplanten Grundverschlüsselung im digitalen Satellitenfernsehen merkte Rütt-gers an, der Wunsch, Inhalte zu verschlüsseln und sich die Entschlüsselung bezahlen zu las-sen, sei berechtigt. Doch es müsse klar sein, "dass die Gebührenzahler nicht dazu gezwun-gen werden dürfen, aufgrund der Verschlüsselung eine "Doppelgebühr" zu zahlen. Entschie-den wandte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident dagegen, Rundfunk als reines Wirtschaftsgut zu betrachten. Vielmehr widerspreche es dem Amsterdamer Protokoll, wenn die EU-Kommission die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf den Prüfstand stelle. Rundfunkgebühren müssten auch für den Erwerb von Sportrechten oder für Online-Dienste eingesetzt werden dürfen, forderte Rüttgers. Kritik übte der Ministerpräsident auch am vorliegenden Referentenentwurf für die neue EU-Fernsehrichtlinie über audiovisuelle Medien-dienste. Zwar sei eine Deregulierung bei der Volumenbegrenzung für Fernsehwerbung sinn-voll, die Aufhebung der Trennung zwischen Werbung und Programm beim Product Placement aber gefährlich: "Wir brauchen beim Product Placement glasklare Hinweise für den Medien-nutzer", sagte Rüttgers. "Es muss deutlich werden, wo und von wem ein Produkt gegen Geld platziert wurde."
Hatte Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma zur Begrüßung der Gäste beim 18. medienfo-rum.nrw darauf hingewiesen, dass aus der lange beschworenen Konvergenz inzwischen nüchtere Realität geworden sei, diskutierten im Anschluss an die Eröffnungsansprachen pro-minente Branchen-Vertreter mit Moderatorin Sandra Maischberger über die Zukunft der digita-len Medien. Beim Fernsehgipfel herrschte schnell Einigkeit, dass technische Plattformen und Netze an Bedeutung gewinnen werden. Sowohl Premiere-Vorstandschef Dr. Georg Kofler als auch ZDF-Intendant Prof. Markus Schächter nannten IP-TV als wichtigen Standard der Zu-kunft. Natürlich handle es sich beim Transport von Bilddaten via Internet-Protokoll auch um einen massenattraktiven Weg zur Verbreitung von Fernsehen, sagte Kofler. Sein Unterneh-men wolle die Bilder der Fußball-Bundesliga demnächst aber nicht nur online, sondern auch über Kabel und Satellit im IP-TV-Standard anbieten. WDR-Intendant Fritz Pleitgen wandte ein, so weit er wisse, entspreche dies nicht der Ausschreibung durch die Deutsche Fußball Liga. Außerdem lasse sich Premiere von der Telekom benutzen, die nun dank Koflers Hilfe ihr neu-es VDSL-Netz und damit eine weitere Plattform etablieren wollen. Der Premiere-Geschäfts-führer konterte, die von der DFL behauptete Exklusivität zugunsten der Arena Sport Rechte & Marketing GmbH lasse sich so in den Verträgen nicht finden. Die neue VDSL-Plattform zu unterstützen, bedeute im Übrigen auch, den Wettbewerb der Netze zu beflügeln.
Dass die neuen Netze den Markt grundlegend verändern werden, betonten alle Experten. Georg Kofler sah für die traditionellen Programmanbieter einen "strukturellen Nachteil", da sie nur über Inhalte, nicht aber über eigene Netze verfügen würden. Telekom und Kabelnetz-betreiber hingegen hätten bald beides und könnten Wettbewerber leicht aus dem Markt drän-gen. Anke Schäferkordt, Geschäftsführerin von RTL Television, forderte deshalb einen diskri-minierungsfreien Zugang und "gleiche Spielregeln für alle".
Kontrovers diskutiert wurde beim Fernsehgipfel auch das Thema Grundverschlüsselung. Anke Schäferkordt plädierte für die grundsätzliche Verschlüsselung, da sie für die Sicherung von Rechten entscheidend und in Europa inzwischen fast überall gängiger Standard sei. Markus Schächter entgegnete, im Internet-Zeitalter gleiche die Verschlüsselung von Satelliten-Daten "Postkutschen-Mauthäuschen" im All. Außer dem ZDF-Intendanten warnte auch WDR-Kollege Pleitgen vor Datenschutz-Problemen, die aus der Adressierbarkeit von Angeboten resultieren würden. Guillaume de Posch, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media AG, wies darauf hin, dass T-Online im Internet und auch die Kabelnetzanbieter bereits Entgelte für die Entschlüsselung von Inhalten fordern. Da sei die Übertragung dieses Geschäftsmodelles auf das Satellitenfernsehen nur natürlich.
Beim Thema Mobile Media forderte Premiere-Chef Kofler, der neue Markt solle ausschließlich privaten Anbietern zur Verfügung stehen. Fritz Pleitgen und Markus Schächter sehen in Han-dy-TV einen zusätzlichen Rundfunk-Verbreitungsweg, der auch für ARD und ZDF geöffnet werden müsse. Schließlich, so argumentierte der ZDF-Intendant, seien dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk früher auch Frequenzen von UKW und Satellit eingeräumt worden. Pleit-gen versicherte, für ARD-Fernsehbilder, die per Mobilfunk empfangbar seien, würden keine zusätzlichen Gebühren erhoben.
Das Thema Mobile Media spielt auch eine Rolle in der neuen EU-Fernsehrichtlinie. Umstritten im vorliegenden EU-Referentenentwurf aber bleiben vor allem die Themen Werbung und Pro-duct Placement. Der nordrhein-westfälische Medienstaatssekretär Thomas Kemper erklärte, Deutschland stehe in Europa mit seiner kritischen Haltung gegenüber der bezahlten Platzie-rung von Produkten zurzeit "ziemlich alleine" da. Anke Schäferkordt hält eine Deregulierung im Bereich Werbung im Allgemeinen für wichtiger. Product Placement spiele dabei keine so wich-tige Rolle. Guillaume de Posch beurteilte das ähnlich und sah im Bereich Product Placement über den von der EU vorgeschlagenen Regelungsrahmen hinaus keinen dringenden Hand-lungsbedarf.
Zum Thema Satelliten-Grundverschlüsselung sagte Kemper, die Landesregierung sei bei der Klärung dieser Frage "kein Player". Aktive Gestaltung von Medienpolitik aber betreibt Nord-rhein-Westfalen auf einem anderen Feld: Ministerpräsident Rüttgers kündigte ein zehn Millio-nen Euro umfassendes Finanzierungsprogramm an, mit dem über die NRW.Bank Produkti-onsunternehmen der Zugang zu Bürgschaften und Zwischenkrediten erleichtert werden soll. Außerdem habe die Landesregierung gemeinsam mit dem WDR der Filmstiftung ein neues Förderprogramm für Studenten und Absolventen der Film-, Fernseh- und Medienhochschulen vorgeschlagen. Dafür könne mit 1,5 Millionen Euro künftig annähernd doppelt so viel Geld ausgegeben werden wie bisher.
Weitere Informationen: www.medienforum.nrw.de
Originaltext: Medienforum NRW Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=17162 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_17162.rss2
Rückfragen bitte an: medienforum.nrw LfM Nova GmbH Pressesprecherin, PR und Marketing Susanne Land Telefon: 0211/77007-118 sland@lfm-nova.de
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