Kinder- und Jugendärzte fordern für unter Dreijährige in Kinderkrippen deutlich höhere Qualitätsstandards
Geschrieben am 15-05-2008 |
Ulm (ots) - Der Trend ist eindeutig: Immer mehr Kinder insbesondere aus bildungsfernen, armen und überforderten Familien werden in Deutschland in den ersten drei Lebensjahren außerhäuslich betreut. Dafür stehen jedoch viel zu wenige geschulte Erzieherinnen oder Tagesmütter zur Verfügung. Die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) fordert deshalb besser ausgebildete Erzieherinnen und günstigere altersgewichtete Betreuungsschlüssel für Krippenkinder.
Nach den Ergebnissen einer Studie der Bertelsmannstiftung besteht immenser Handlungsbedarf. Mehr als 60 Prozent der befragten Träger, Erzieher und Tagesmütter hatten in einer Untersuchung eingeräumt, unzureichend auf die Arbeit von Kindern unter drei Jahren vorbereitet zu sein. Und der Bedarf an solchen Fachkräften wird in den nächsten Jahren enorm zunehmen. Bis zum Jahr 2013 sollen nach dem Willen von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen bundesweit für rund ein Drittel der unter Dreijährigen Betreuungsplätze entstehen, davon 30 Prozent in der Tagespflege. In den westlichen Bundesländern werden derzeit lediglich 7,5 Prozent der unter Dreijährigen in Kindertages-Betreuungseinrichtungen versorgt. Zwar plant die Bundesregierung, die pädagogische Qualität von Fachkräften in der Kindertagespflege oder in Kinderkrippen zu verbessern. Ob jedoch diese - bisher eher halbherzigen - Anstrengungen für eine wissensbasierte und praxisbezogene nachhaltige Ausbildung ausreichen, wird von DGSPJ-Präsident Professor Harald Bode aus Ulm eher bezweifelt.
Eine bessere Qualität bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren sei vor allem deshalb notwendig, weil Verhaltensstörungen und Aggressionen umso mehr zunehmen, je schlechter die Erzieherinnen qualifiziert sind und je mehr Kinder sie betreuen müssen. Noch immer gibt es heute nach Angaben des Diakonischen Werks Kurhessen-Waldeck Gruppen von bis zu 25 Kindern, für die lediglich 1,5 Erzieherstellen zur Verfügung stehen. Entwicklungsauffälligkeiten könnten so kaum aufgespürt werden, da weder auf die physischen noch auf die emotionalen Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingegangen werden könne.
Um diesen hohen Anforderungen künftig gerecht werden zu können, fordert die DGSPJ in ihrem neuen Positionspapier von der Bundesregierung folgenden Maßnahmen:
- Fachhochschulausbildung für rund die Hälfte der Erzieherinnen und Erzieher! Bisher erzielen bundesweit nur 3,2 Prozent aller Erzieherinnen einen sozialpädagogischen Hochschulabschluss. Dabei sollten neben Inhalten wie Bindungsaspekten und emotionale Verfügbarkeit auch Aspekte der Selbsterfahrung und Supervision mit einfließen, ohne jedoch den Praxisbezug aus dem Blick zu verlieren.
- Deutlich bessere altersgewichtete Betreuungsschlüssel für Kleinkinder! Als Richtschnur sehen die Sozialpädiater eine Gruppengröße von bis zu 12 Kindern in der Altersklasse unter drei Jahren an. Für Säuglinge von 9 bis 12 Monaten muss dabei eine Betreuerin für maximal 2 Kinder, für das Alter von 12 bis 24 Monaten eine Betreuerin für maximal 3 Kinder und für Kinder von 24 bis 36 Monaten eine Betreuerin für maximal 4 Kinder vorgehalten werden. Diese Richtwerte werden bislang fast nirgendwo erreicht.
- Betreuungszeiten von Kindern außer Haus nicht überstrapazieren! Das Eintrittsalter in eine Krippe sollte in keinem Fall unter neun Monaten liegen. Bei unter zweijährigen Kinder sollte eine halbtägige außerfamiliäre Betreuung nicht überschritten werden.
- Gesundheitsaspekte in der Krippe aufwerten! Dazu zählt zum Beispiel die Kontrolle des Impfstatus. Erzieherinnen müssten in die Lage versetzt werden, Kindern eine gesunde Ernährung mit optimierter Mischkost und ausreichende Bewegungserfahrungen zu ermöglichen.
- Schaffung eines Gütesiegels für Krippen, die Qualitätskriterien konsequent einhalten!
Um diese harten Qualitätskriterien auch wissenschaftlich abzusichern, regt Bode an, diese Standards mit Begleit- und Längsschnittstudien zu überprüfen. Dazu böte sich das Bundesland Sachsen-Anhalt an, da dort in der Schulanfängerkohorte 2006/2007 etwa 90 Prozent der unter Dreijährigen eine Krippe besucht haben.
Originaltext: Dt. Ges. f. Sozialpäd. und Jugendmedizin Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55202 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55202.rss2
Pressekontakt:
Dr. med. Ulrike Horacek Leiterin des Gesundheitsamt Kreis Recklinghausen Kurt-Schumacher-Allee 1 45657 Recklinghausen Tel. 02361 / 53 - 4134 E.-Mail: u.horacek@kreis-re.de
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