SOZIOLOGIE: Freibeuter, Gleichheit, Brüderlichkeit
Geschrieben am 22-05-2008 |
Hamburg (ots) - Seeräuber waren Wegbereiter der modernen Demokratie. Wie das Magazin GEO in seiner Juni-Ausgabe berichtet, hat der Wirtschaftswissenschaftler Peter Leeson von der George Mason University in Virginia das Sozialgefüge der Freibeuter des "Goldenen Zeitalters" der Piraterie (um 1690 bis 1730) erforscht. Der Professor stellte fest, dass die Piraten sehr früh einen fortschrittlichen, schriftlich niedergelegten Kodex besaßen, der Gewaltenteilung und Schutz des Einzelnen vor der Willkür des Kapitäns vorsah. Die "Verfassung" der Freibeuter lag zeitlich weit vor jenen der USA, Frankreichs, Spaniens und ist Leeson zufolge womöglich sogar ein Vorläufer der britischen "Bill of Rights" von 1689.
Der Kodex verlangte, dass die Crewmitglieder per Mehrheitsvotum einen unabhängigen Quartiermeister wählten, der sich quasi als "Betriebsrat" der Belange der Mannschaft annahm. Zudem wurde darin festgelegt, in welcher Weise an Bord Gesetze erlassen werden konnten. Einzig während eines Kaperangriffs übte der Kapitän - selbst er wurde zuweilen demokratisch gewählt - absolute Macht aus. Entstanden sind die Regelungen aufgrund der schlechten Erfahrungen, die zu den Freibeutern übergelaufene Seeleute zuvor mit tyrannischen Schiffsherren der Handelsmarine jener Zeit gemacht hatten. Auch die lange Dauer der Raubzüge und meuterbereite große Crews zwangen die Piraten zu einer vergleichsweise liberalen, gerechten Sozialstruktur. Edward Teach, genannt "Blackbeard", befehligte zum Beispiel auf seinem Schiff "Queen Anne's Revenge" 300 Mann, während ein gewöhnliches Handelsschiff nur 13 bis 17 Mann Besatzung hatte.
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