Allgemeine Zeitung Mainz: Kommentar zum Milchboykott - Die Falschen blockiert
Geschrieben am 02-06-2008 |
Mainz (ots) - Kaum etwas auf dieser Welt wird zu Recht so sehr mit richtiger Ernährung und Gesundheit gleichgesetzt wie ein Glas Milch. Viele Millionen Menschen haben selten oder nie die Chance, an dieses Lebensmittel zu kommen. Unter diesem Aspekt fällt es sehr schwer, Milch als ein Produkt wie jedes andere anzusehen. Doch genau das ist die Milch. Das bedeutet, Herstellung und Vertrieb unterliegen zumindest im freien Teil dieser Welt allein dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Und genau deshalb versuchen die Bauern derzeit, die Molkereien zu blockieren. Wird nicht angeliefert, kann nicht produziert werden, es entsteht also eine Verknappung und die wiederum treibt die Preise hoch, lautet die an sich richtige Überlegung. Die Sache hat nur einen Haken: Es sind gar nicht die Molkereien, die die Preise diktieren, sondern es ist der Handel - und der ist nicht nur mächtig, sondern auch enorm flexibel. Bevor er dem Kunden, der beim Milchpreis hochsensibel reagiert, zehn Cent pro Liter mehr abverlangt, wird er alles versuchen, seine Angebotslücken durch Zukauf zum Beispiel im Ausland zu decken. Was wir derzeit erleben, ist also ein Machtkampf, den die Milchbauern, zumindest mit Gewalt, nicht gewinnen können. Ihre Blockaden der Molkereien sind zwar spektakulär, aber damit schneiden sie sich auch noch tief ins eigene Fleisch. Denn rund 75 Prozent der milchverarbeitenden Betriebe sind Genossenschaften, sie gehören also den Bauern selbst. Helfen würde, zumindest theoretisch, eine deutliche Verringerung der Produktion, doch das würde für viele Bauern noch schneller das wirtschaftliche Aus bedeuten. Denn nur ab einer bestimmten Größe lohnt sich die Bewirtschaftung eines reinen Milchbetriebs. In der Praxis würde sich aber auch hier der Handel ganz schnell neue Quellen suchen. Denn bezahlbare Milch ist und bleibt ein ganz wichtiger Faktor in seinem Angebot. Am Ende wird es zwar einen Kompromiss geben, denn der Import von Milch kostet immer etwas mehr, als die Ware vor Ort einzukaufen. Die grundsätzlich missliche Lage der hiesigen Bauern aber wird er wohl nicht wesentlich verbessern.
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