LVZ: Leipziger Volkszeitung zum AKW-Störfall in Slowenien
Geschrieben am 05-06-2008 |
Leipzig (ots) - Für einige Stunden hing das Gespenst von Tschernobyl am sommerlichen Himmel Mitteleuropas. Die lähmende Angst vor einem neuen atomaren Gau - wie vor 22 Jahren in der Ukraine - machte sich schon breit, bis es zum Glück Entwarnung gab. Alles nicht so dramatisch, die Behörden im jungen EU-Mitgliedsland Slowenien hatten den Störfall im Atomkraftwerk Krsko fehlerhaft eingeschätzt und zudem bei ihrer Information an die EU-Aufsichtsbehörde noch ein falsches Formular benutzt. Wenn der Anlass nicht so ernst wäre, könnte man das kommunikative Wirrwarr als Desaster eines überforderten Landes abhaken. Da wiehert der Brüsseler Amtsschimmel und Europa klatscht sich vor lauter Schadenfreude über die unfähigen Slowenen auf die Schenkel. Häme sollte man sich allerdings in jeder Hinsicht verkneifen. Zumal sich aus dem atomaren Zwischenfall durchaus einige Lehren ziehen lassen. Erstens hat diese unfreiwillige Ernstfall-Übung gezeigt, dass das EU-Alarmsystem offensichtlich gut funktioniert. Die Reaktion des deutschen Umweltministers Siegmar Gabriel fällt zwar etwas locker aus, trifft aber den Kern. Lieber einmal zu früh alle Vorsichtsmaßnahmen treffen, die sich dann als überflüssig erweisen, als das ganze Prozedere andersherum. Die EU-Staaten wären also gewappnet gewesen. Das klingt zumindest etwas beruhigend. Dumm nur, dass der slowenische Nachbar Kroatien noch nicht zur EU gehört und die Einwohner der nahegelegenen Millionen-Stadt Zagreb stundenlang keine Ahnung hatten, welches Bedrohungsszenario sich da quasi vor ihrer Haustür zusammenbraute. Für sie wäre das internationale Alarmsystem zu spät gekommen. Atomare Wolken und Niederschläge machen nicht an den Ländergrenzen Halt, das hat Tschernobyl leidvoll gezeigt. Insofern ist die Debatte, die sich prompt in Deutschland um die Zukunft der einheimischen Atomkraftwerke anschließt, mehr als fadenscheinig. Sicher, die Risiken der Kernenergie sind nicht hundertprozentig bis ins letzte Detail beherrschbar. Der unter der rot-grünen Bundesregierung beschlossene Ausstieg aus der Atomtechnik ist dennoch nur ein politisches Feigenblatt für die Kernkraftgegner. Ein Land wie Deutschland, dessen technologisches Potenzial auf diesem Gebiet weltweit geschätzt wird, will Kraftwerke mit höchsten Sicherheitsstandards vom Netz nehmen. Andererseits betreiben EU-Länder wie Bulgarien, Rumänien und die Slowakei, die sich auf dem mühsamen Weg vom Agrar- zum Industriestaat befinden, marode Atommeiler, die mit ihrer Technik bedenklich an Tschernobyl erinnern. Auch in Tschechien steht mit Temelin ein Atomkraftwerk an der österreichischen Grenze, das mit regelmäßigen Störfällen alle Alarmglocken schrillen lässt. Unter diesen europäischen Vorzeichen ist die Wirkung eines deutschen Alleingangs mehr als fraglich. Zumal der dann hier zu Lande fehlende Strom importiert werden müsste - auch aus Ländern, die weiter auf die Atomtechnik setzen.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Pressekontakt: Leipziger Volkszeitung Redaktion Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
141419
weitere Artikel:
- Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) schreibt zur Hetzkampagne einiger polnischer Medien gegen Deutschland kurz vor dem EM-Fußballspiel Polen gegen Deutschland: Bielefeld (ots) - Meist führen sich die Reporter englischer Boulevard-Medien vor und während fußballerischer Großereignisse wie Kriegsberichterstatter auf. Das fällt während der Euro 2008 aus bekannten Gründen flach - ohne England fahren wir zur EM. Das unsägliche Erbe treten die Polen an. Großbuchstaben-Blätter aus Warschau zeigen Leo Beenhakker mit den abgeschlagenen Köpfen von Joachim Löw und Michael Ballack. »Fakt« druckt den DFB-Kapitän mit Pickelhaube und Mantel des deutschen Großritterordens auf seinem Titel und titelt nur einen mehr...
- Stuttgarter Nachrichten: zu Krsko: Stuttgart (ots) - Zum Glück klingelt bei der EU-Warnstelle Ecurie bisher nur zwei- bis drei-Mal im Jahr die Alarmglocke. Wir müssen uns also nicht auf Dauerbeschuss einstellen. Die slowenischen Atomaufseher haben es jedoch nicht einmal geschafft, ein Fax für die Warnmeldung sauber auszufüllen. "Sorry", meldet Ljubljana, was den aufgeschreckten Europäern nichts nutzt, aber zeigt, dass die AKW-Betreiber und Behörden noch viel dazulernen müssen. Originaltext: Stuttgarter Nachrichten Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/39937 mehr...
- Rheinische Post: Der schwierige Partner Russland Von Martin Kessler Düsseldorf (ots) - Im Umgang mit Staaten wie Russland oder China neigt Bundeskanzlerin Angela Merkel gerne zum Falken. Das entspricht ihrer Lebensphilosophie. Angepasste Tauben gibt es ohnehin zu viele. So benennt sie die Defizite dieser Partner bei Menschenrechten und der Behandlung von Minderheiten häufig öffentlich sehr zum Ärger der Mächtigen in Moskau und Peking. Aber Merkel ist im Umgang mit solch schwierigen Partnern durch und durch rational. Sie weiß um die Interessen Deutschlands sowie die Russlands und Chinas. Im neuen russischen mehr...
- Rheinische Post: Sieg der Bauern Von Antje Höning Düsseldorf (ots) - Nur zehn Tage tobte der Bauernkrieg in Deutschland. Dann hatte David den Goliath, hatten die Bauern die Handelsriesen besiegt. Ab Montag will Lidl 16 Prozent mehr für einen Liter Milch zahlen. 16 Prozent mehr: Das kennt man bisher nur von Piloten. Und in der Tat gibt es viele Parallelen. Jahrzehntelang galt in Deutschland das Prinzip "eine Branche, eine Gewerkschaft". Spitzenkräfte erhielten dasselbe Lohnplus wie untere Lohngruppen, oft gab es für letztere sogar Extra-Zuschläge. Mit diesem tarifpolitischen Sozialismus mehr...
- Rheinische Post: Kein Kopftuch Von Godehard Uhlemann Düsseldorf (ots) - Die Türkei steht vor sehr unruhigen Zeiten. Innenpolitisch droht eine sich zuspitzende Auseinandersetzung um die Islamisierung des Landes, die weite Teile der Bevölkerung fürchten aber auch das Verfassungsgericht. Hunderttausende Türken waren in den vergangenen Monaten auf die Straßen gegangen, um gegen die Aufhebung des Kopftuchverbotes an den Universitäten zu protestieren. Sie sahen in dem Schritt einen radikalen Bruch mit der weltlich ausgerichteten Verfassung, die auf einer Trennung von Staat und Religion fußt. mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|