Allg. Zeitung Mainz: Eine große Errungenschaft (Kommentar zur Krankenversicherung)
Geschrieben am 11-06-2008 |
Mainz (ots) - Viele Leistungen des Sozialstaates werden heute als selbstverständlich hingenommen. Als vor 125 Jahren die gesetzliche Krankenversicherung für alle Arbeitnehmer eingeführt wurde, war dies noch ganz anders. Auch der Umfang der solidarischen Hilfe aller Beitragszahler war viel geringer als heute. Das deutsche Gesundheitssystem ist eine große Errungenschaft, auch wenn sich viele Bürger darüber beklagen. Lange Wartezeiten beim Arzt, steigende Zuzahlungen für Medikamente, überlastetes Personal in Kliniken oder die Zwei-Klassen-Medizin sind ärgerlich. Aber jedermann wird behandelt und der Kontostand des Einzelnen lässt sich nicht an seinem Gesundheitszustand ablesen. Das wird zu selten gewürdigt. Im Verlauf der Jahrzehnte hat sich das System entwickelt und dieser Prozess muss sich fortsetzen, weil die Bedingungen sich ändern. Wachsende Ausgaben und höhere Anforderungen durch eine alternde Gesellschaft sind die aktuellen Probleme. Nur ständige Reformen, so halbherzig sie am Ende oft sind, erhalten die Versorgung für alle. Dazu zählt auch der Gesundheitsfonds, der 2009 eingeführt und viel Ärger auslösen wird, weil die Beiträge zur Krankenversicherung für viele Versicherte steigen. Aus dem Fonds erhält eine Krankenkasse für jeden Versicherten den gleichen Betrag und muss damit klarkommen. Schlechte Kassen werden Zusatzbeiträge erheben und sind damit dem Untergang geweiht. Es wird nicht die letzte Reform bleiben. Es deutet sich an, dass die privaten Krankenversicherungen ebenso unter der Altersentwicklung leiden wie die gesetzlichen und sich auf das Geschäft mit Zusatzversicherungen zurückziehen. Dann hätte Deutschland eine Einheits- oder Bürgerversicherung für alle. Es wäre ein weiterer Beweis für die Überlegenheit des Solidarprinzips gegenüber individueller Vorsorge.
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