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Deutsches Gesundheitssystem benachteiligt Frauen

Geschrieben am 02-07-2008

Hamburg (ots) - Obwohl Frauen im Schnitt länger leben als Männer,
werden sie im deutschen Gesundheitssystem oft stark benachteiligt.
Viele Krankenhäuser nähmen die Symptome eines Herzinfarkts bei Frauen
nicht ernst, sagt Vera Regitz-Zagrosek, Direktorin des Instituts für
Geschlechterforschung in der Medizin an der Berliner Charité.

Im Schnitt dauere es nach einem Herzinfarkt in Deutschland bei
Männern zwei Stunden, bis sie die Notaufnahme eines Krankenhauses
erreichen, bei Frauen 2,6 Stunden. Bei Frauen sähe das Krankheitsbild
oft weniger dramatisch aus als bei Männern, sagt Regitz-Zagrosek,
ehemals leitende Oberärztin am Deutschen Herzzentrum in Berlin.
Manchmal würden bei ihnen die Herzinfarktsymptome auch mit einem
verdorbenen Magen verwechselt. Und nach einem Infarkt erlebe man bei
bestimmten Medikamenten "viel mehr Komplikationen bei Frauen,
einfach, weil häufig überdosiert wird". Sinnvoll wären da etwa blaue
und rosa Pillen mit unterschiedlichen Dosierungen für die
verschiedenen Geschlechter.

Auch bei Transplantationen kämen Frauen häufig zu kurz. "Im
Deutschen Herz Zentrum haben wir uns vor einiger Zeit 960 Patienten
angeschaut, die auf die Liste für eine Herztransplantation kommen
sollten", sagt die Geschlechterforscherin. "Am Ende waren es fünf
Männer auf eine Frau, die ein neues Herz bekamen, und das, obwohl ein
Drittel der Spenderorgane von Frauen stammen. Das ist ziemlich krass
und wenig bekannt."

Dass solche Befunde in der Medizin noch immer weitgehend ignoriert
würden, hänge auch damit zusammen, dass in den Leitungsgremien der
Fachgesellschaften überwiegend Männer sitzen. In der deutschen
Gesellschaft für Kardiologie kommen auf 55 Männer zwei Frauen. In der
europäischen Gesellschaft für Kardiologie sind gar keine Frauen im
Vorstand. Sie stoße immer wieder auf Ignoranz, sagt Regitz-Zagrosek.
Nachdem eine wegweisende Studie zur Benachteiligung von Frauen
erschienen sei, habe sie Kollegen auf Kongressen gefragt, was sie
davon hielten. "Die fragten zurück: 'Ist das wichtig?'."

Originaltext: DIE ZEIT
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/9377
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Pressekontakt:
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 28 vom 3. Juli 2008 senden
wir Ihnen für Zitierungen gern zu. Bei Rückfragen wenden Sie sich
bitte an Elke Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
(Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558, E-Mail: elke.bunse@zeit.de)


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