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Neue EU-Regeln für Produktsicherheit: "Vorhersehbare Fehlanwendung" führt zu behördlichem Vertriebsstopp

Geschrieben am 09-07-2008

München (ots) - Europäische Unternehmen müssen sich darauf
einstellen, von den Produktsicherheitsbehörden bald schärfer
überwacht zu werden. Darauf weist Prof. Dr. Thomas Klindt hin,
Professor für technisches Sicherheitsrecht an der Universität Kassel
und Partner der Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz. Hintergrund ist ein
neuer "gemeinsamer Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten",
der teils in Kürze, teils Anfang 2010 in Kraft treten wird. Alle
nötigen Gremien haben bereits zugestimmt. Die Veröffentlichung im
Amtsblatt der EU steht kurz bevor.

Danach können die nationalen Marktüberwachungsbehörden künftig
alle Produkte mit CE-Kennzeichnung - vom Spielzeug und Medizinprodukt
über Toaster und Gartengeräte bis zu Maschinenanlagen und
Bauprodukten - vom Markt nehmen, wenn bei "vorhersehbarer
Fehlanwendung" eine Gefahr für die Gesundheit oder Sicherheit von
Menschen besteht. Bislang durften die Behörden bei vielen
Business-to-Business-Produktgruppen (B2B) wie Druckgeräten,
ATEX-Einrichtungen, Gasverbrauchsgeräten, elektrotechnischen
Betriebsmitteln und Aufzügen nur einschreiten, wenn bei
"bestimmungsgemäßem Gebrauch" ein Risiko bestand. Für Hersteller
industrieller Investitionsgüter bedeuten die Gesetzesänderungen: Das
Risiko eines behördlich angeordneten Vertriebsstopps und
Produktrückrufs steigt. "Unternehmen sollten daher Vorkehrungen
treffen, etwa Rückstellungen bilden oder erhöhen, um in einem solchen
Fall nicht in finanzielle Bedrängnis zu geraten", rät Klindt. Vor
allem aber, so der Anwalt weiter, "zwingen die Neuerungen die
Konstrukteure dazu, im technischen Designprozess bisher ungeahnte
Risikokonstellationen zu berücksichtigen." Die Konstruktionsabteilung
und die Abteilung Beschwerdemanagement müssten enger
zusammenarbeiten, um sich insbesondere über vorhersehbare
Fehlanwendungen auszutauschen, die aus dem Markt bekannt würden. Ein
weiteres Risiko für Unternehmen folgt aus neuen Kompetenzen der
Marktüberwachungsbehörden. Bislang waren sie nur in rechtlichen
Ausnahmefällen - bei Maschinen und Aufzügen - für die Eigenfertigung
von Produkten zuständig. Gemeint sind damit Produkte wie Maschinen
und Werkzeuge, die ein Betrieb ausschließlich für seine internen
Zwecke selbst herstellt.

Mit Inkrafttreten der neuen Regeln können die Überwachungsbehörden
jedoch in allen sicherheitskritischen Fällen den weiteren Einsatz von
Produkten für den Eigengebrauch verbieten. "Das kann einem
Produktionsstopp gleich kommen", sagt Klindt. Auch die Warnfunktion
der Überwachungsbehörden wird von Business-to-Consumer auf den
gesamten B2B-Bereich ausgedehnt. Die Konsequenz: Bislang schlugen die
Ämter nur dann auf der "Rapid Exchange of Information"-Internetseite
(RAPEX) der EU öffentlich Alarm, wenn ein Verbraucherprodukt
Sicherheitsmängel aufwies. Demnächst müssen indes auch alle
Hersteller technischer Investitionsgüter damit rechnen, ihre Produkte
auf http://ec.europa.eu/consumers/safety/news/index_en.htm zu finden.

"Für diesen Fall sollten Unternehmen eine Kommunikationsstrategie
vorbereiten, die offen und ehrlich über vermeintliche und
tatsächliche Sicherheitsmängel des Produkts informiert", so Klindt.
Mit den Änderungen entwickelt die EU ihr unter "New Approach"
bekanntes Binnenmarktkonzept fort und erhöht gleichzeitig die
Regelungsdichte für Produktsicherheit. Die deutschen Bundesländer
werden nach Auffassung des Anwalts vermutlich Personal aufbauen
müssen, um die neuen Aufgaben erfüllen zu können. Unter anderem
verlangt die EU nämlich auch, dass die Mitgliedstaaten ein
allgemeines Marktüberwachungsprogramm oder sektorspezifische
Programme auflegen, die es bislang noch nicht gibt. Ungelöst bleibt
die Überwachung des Internethandels. Dort könne nach wie vor jeder
ungehindert Produkte mit Sicherheitsmängeln vertreiben, so Klindt.
Das könne zu einem Problem für redliche Wettbewerber werden.

Originaltext: Nörr Stiefenhofer Lutz
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/58950
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_58950.rss2

Pressekontakt:
Dr. Michael Neumann
NOERR STIEFENHOFER LUTZ
Rechtsanwaelte Steuerberater Wirtschaftspruefer - Partnerschaft
Brienner Str. 28
80333 Muenchen / Germany
Tel. +49-(0) 89-28 628-226
Fax +49-(0) 89-28 01 10
Mobile: +49-(0) 171-125 14 28
E-Mail: michael.neumann@noerr.com


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