Neues Deutschland: zur Verhaftung von Karadzic
Geschrieben am 22-07-2008 |
Berlin (ots) - Radovan Karadzic ist gefasst. Endlich! Die Richter warten schon allzu lange auf ihn. So wie auf Ratko Mladic und andere Polit-Banditen, deren Heimat nicht nur auf dem Balkan liegt. Der Internationale Gerichtshof hat viel Arbeit vor sich, wenn er Menschen- und Völkerrechte universal anerkennt. Karadzic galt im belagerten Sarajevo als Teufel. Stand man auf der serbischen Seite des Mordens, erlebte man ihn - Gott gleich - als Retter aller Slawen. Das jeweils Erlebte hat sich vieler Seelen bemächtigt und beherrscht auch eineinhalb Jahrzehnte später das Denken auf dem Balkan. Da mag sich die Welt noch so verändert haben. Hat sich wirklich so viel verändert? Schaut man sich aktuelle Äußerungen westlicher Politiker zur Festnahme des einstigen »Führers« der bosnischen Serben an, so kann man sie spüren - diese uralte unkalkulierbare Angst, dieses trotzige Unverständnis und den daraus resultierenden Hochmut gegenüber all jenen, die mit kyrillischen Buchstaben schreiben und zu scheinbar seltsamen Zeiten Weihnachten und Ostern feiern. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass heute Marktanteile wichtiger sind als Traditionen, so wird doch deutlich, dass angebliche Gönner die Serben den Weg in die vermeintliche Moderne keinesfalls gleichberechtigt gehen lassen wollen. Und so ist es denn auch unredlich, die Festnahme eines einst gottgleichen Teufels zum Berechtigungsschein für einen möglichen Eintritt ins EU-Vorzimmer zu stilisieren.
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