WAZ: Radovan Karadzic gefasst - Gerechtigkeit. Endlich! Leitartikel von Lutz Heuken
Geschrieben am 22-07-2008 |
Essen (ots) - Es ist kein Zufall, dass der Völkermörder Radovan Karadzic gerade jetzt gefasst wurde, jetzt, da der pro-europäische Präsident Boris Tadic in Belgrad an der Macht ist. Denn die Festnahme des Kriegsverbrechers ist weniger eine kriminalistische oder geheimdienstliche Meisterleistung als vielmehr ein politischer Akt: Die Zeit war einfach reif, endlich ein neues Kapitel der serbischen Politik aufzuschlagen.
Viel zu lange konnten sich Karadzic und sein Handlanger Mladic dem Den Haager Kriegsverbrechertribunal entziehen. Viel zu lange hatten sie in Politik, Militär, Verwaltung und Geheimdiensten willige Helfer, die eine Festnahme verhinderten. Viel zu groß war und ist die Zahl der Unterstützer in den ultranationalistischen serbischen Kreisen, die den blutigen Krieg auf dem Balkan immer noch als gerechtfertigt ansehen, die immer noch von anti-serbischer Verschwörung reden. Für viele Groß-Serben ist Karadzic nach wie vor ein Held - egal, wieviel Blut an seinen Händen klebt.
Die Europäer haben viel Geduld gezeigt mit Belgrad. Sie haben auf den Druck von Sanktionen gesetzt, vor allem aber auf Verlockung. Die Idee: Langfristig sollte sich die Mehrheit der Serben bei der Wahl zwischen chauvinistischer Isolation und europäischer Perspektive für Europa entscheiden. Wenn schon nicht aus tiefer Einsicht oder gar Reue, so doch aus rein egoistischen Gründen: Während Isolation Verarmung bedeutet hätte, verheißt die Annäherung an Brüssel Wohlstand. Die Wahl des Pro-Europäers Tadic beweist, dass eine Mehrheit der Serben diesen Weg gehen will.
Wer die Bilder der verängstigten Menschen aus Srebrenica noch vor sich sieht, wo serbische Schergen tausende Muslime abschlachteten, wer an die Terror-Belagerung von Sarajevo denkt, an die mitleidlose Vertreibung zehntausender Moslems und die halbverhungerten Männer in den serbischen Konzentrationslagern, der muss die Festnahme Karadzics einfach auch mit Befriedigung aufnehmen. Wie sehr haben die Opfer von Vertreibung, Folter und Massenvergewaltigungen darunter gelitten, dass einer der Hauptverantwortlichen auf freiem Fuß ist. Wie viele Angehörige von Ermordeten haben nie wieder zu einem normalen Leben zurückgefunden, weil die furchtbarsten Verbrechen nicht gesühnt sind.
Auch wenn die Festnahme Karadzics die Toten nicht wieder lebendig macht, so kann sie doch Frieden schaffen. Frieden zwischen den ehemals verfeindeten Serben, Kroaten und Bosniern. Und Frieden in den Seelen der überlebenden Opfer.
Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2
Pressekontakt: Westdeutsche Allgemeine Zeitung Zentralredaktion Telefon: 0201 / 804-2727 zentralredaktion@waz.de
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