(Registrieren)

Helfen, wo Hilfebedarf sichtbar wird / Hilfe näher an die Menschen bringen - Fehlverhalten mit Berufsgesetz begegnen

Geschrieben am 24-07-2008

Essen (ots) - "Lea-Sophie könnte noch leben, wenn ihre Eltern
unsere Hilfe erreicht hätte", so Gabriele Stark-Angermeier, 2.
Vorsitzende des Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) in
einer ersten Reaktion auf das Urteil des Schweriner Landgerichts
gegen die Eltern der nur fünf Jahre alt gewordenen Lea-Sophie. Der
DBSH vertritt als Berufsverband die Fachlichkeit und die Interessen
der Sozialarbeiter und Sozialpädagogen in Deutschland.

"Deshalb muss die gegenwärtige Praxis in den Ämtern und Diensten
ebenso überprüft werden, wie die sozialpolitischen Vorstellungen über
die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe", so Stark-Angermeier. Das
Kinder- und Jugendhilfegesetz ist im Licht frühzeitiger Förderung und
eines umfassenden Verständnisses von Kindeswohl geschaffen worden,
offene Angebote und so genannte freiwillige Dienste aber sind
flächendeckend weggespart worden.

Trotz Hinweisen seien vom Schweriner Jugendamt an Lea-Sophies
Familie keine erkennbaren Hilfen herangetragen worden. Eine
Hilfeplanung, wie sie das bundesweit seit bald 18 Jahren geltende
Kinder- und Jugendhilfegesetz vorsehe, habe nicht stattgefunden. "Die
offiziellen Verfahren in Schwerin schrieben gründliche Planungen erst
bei einer formellen Einstufung als Kindeswohlgefährdung vor", sagt
Stark-Angermeier mit Blick auf den Untersuchungsbericht zum Fall
Lea-Sophie, der bereits im Frühjahr vorgelegt wurde.

"Bundesweit wird immer weniger auf niedrigschwellige Hilfen
geachtet, die allen Schichten offen stehen und so Hemmschwellen
abbauen", meint Michael Böwer, Beauftragter für Kinderrechte beim
DBSH. Böwer: "Es zeigt sich, dass es mit der Umorientierung in der
Kinder- und Jugendhilfe auf den Einsatz von Krisendiensten allein
nicht getan ist". Denn hier läge der Fokus auf einem Raster von
Risikofaktoren, durch das Lea-Sophies Familie schlicht hindurch
gefallen sei.

"Eine sozialpädagogische Diagnostik aber hätte, abseits der
gängigen unmittelbar sichtbaren Raster für eine Kindeswohlgefährdung,
die diffuse Situation des gesamten Familiensystems, zu dem auch die
Adoptiveltern der Kindesmutter, die soziale Lage der Eltern und deren
offenbar weitgehende soziale Isolation zählen, in den Blick
genommen", so der DBSH.

Der Berufsverband verweist auch auf das Ergebnis des Schweriner
Untersuchungsausschuss, der noch im März 2008 folgendes Ergebnis
notierte: "Trotz der unbestrittenen Hauptschuld der Eltern am Tod von
Lea-Sophie muss festgestellt werden, dass in diesem Fall erhebliche,
zum Teil eklatante Mängel in der Bearbeitung durch das Jugendamt
vorlagen. Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass
bei sachgerechterer Arbeit des Jugendamtes das tragische Ende des
kleinen Mädchens hätte verhindert werden können."

Der Ausschuss habe eine unzureichende fachliche Begleitung durch
die Dienstvorgesetzen, defizitäre Verfahren und fehlerhafte
Einschätzungen kritisiert und eklatante Kommunikationsdefizite im Amt
zu Tage geliefert. Nach dem mit den Eltern die Schuldigen nun
ausgemacht seien, bleibe so die Rolle des Amtes und der
Verantwortlichen genauso offen wie notwendige fachliche Konsequenzen.
So wäre es auch Aufgabe des Gerichtsverfahrens zu klären gewesen, ob
es nicht frühzeitiger Hilfeangebote für die Mutter bedurft hätte.

Der DBSH erneuerte vor diesem Hintergrund seine Forderung nach
einem Berufsgesetz, dass klare fachliche Standards für alle
Fachkräfte setze. "Der Beruf des Sozialarbeiters ist, wie nicht nur
diese dramatischen Fälle zeigen, ebenso verantwortungsvoll, wie der
eines Arztes oder Juristen, so Stark-Angermeier. Daher erfordere
dieser Beruf zwingende Mindeststandards: Eine
Fortbildungsverpflichtung ebenso wie eine Verpflichtung zur
fachlichen Reflexion und Supervision der Fallarbeit. Europäische
Nachbarstaaten wie Österreich, die Niederlande und Großbritannien
hätten dies erkannt und setzten ein Berufsregistergesetz als
gezieltes Mittel der strategischen Prävention und für mehr
Professionalität ein, so Stark-Angermeier.

Originaltext: Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/50208
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_50208.rss2

Pressekontakt:
Wilfried Nodes, 07946-943216, nodes@dbsh.de,
http://www.dbsh.de/html/presse.html


Kontaktinformationen:

Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.

Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.

Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.

http://www.bankkaufmann.com/topics.html

Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.

@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf

E-Mail: media(at)at-symbol.de

149785

weitere Artikel:
  • Paritätischer: Arbeitsmarktpolitischer Sparkurs zementiert Armut Berlin (ots) - Der Paritätische kritisiert den Sparkurs von Bundesregierung und Bundesagentur für Arbeit bei der aktiven Arbeitslosenförderung, der vor allem zu Lasten der Langzeitarbeitslosen gehe. Mehr als drei Millionen Menschen würden durch die rigiden Einsparungen dauerhaft an den Rand der Gesellschaft gedrängt. "Trotz einer leichten Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt kann von einer generellen Entspannung für alle Gruppen nicht gesprochen werden", betont Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. So sei mehr...

  • BA: KURSNET ab sofort noch übersichtlicher und auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt Nürnberg (ots) - KURSNET, die führende Datenbank für berufliche Aus- und Weiterbildung, herausgegeben von der Bundesagentur für Arbeit (www.kursnet.arbeitsagentur.de), präsentiert sich ab sofort neu: Sie wurde zu einem Portal für Aus- und Weiterbildung ausgebaut. Neu sind die zielgruppenorientierten Einstiege in das Portal, aufgeteilt in Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Institutionen. Somit können Bildungsinteressenten, Arbeitgeber und Bildungsträger sich gezielt und umfassend über die für sie relevanten Themengebiete informieren. mehr...

  • Kölner Stadt-Anzeiger: Bosbach sieht wachsenden Druck, lehnt Komplettumzug der Bundesregierung nach Berlin ab Köln (ots) - Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, hat einen Komplettumzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin abgelehnt. "Richtig ist, dass Bonn nicht nur, aber auch wegen der Telekom eine erfreuliche Entwicklung genommen hat", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag-Ausgabe). "Richtig ist auch, dass die Stimmen mehr und lauter werden, die einen Komplett-Umzug nach Berlin fordern. Aber das Bonn-Berlin-Gesetz gilt. Und es gibt keinen Grund, das Gesetz zu ändern." Bosbach warnte auch mehr...

  • Teil 7 der DUH-Serie: Die Schmuddel-Werkstattkette Pit-Stop und die Betrugsfilter Berlin (ots) - Heute: Wie Herr Schneider seit einem Jahr vergeblich versucht, einen Betrugs¬filter der Firma GAT ausgetauscht zu bekommen - Und wie Pit-Stop den Versuch rechtswidrig ins Leere laufen lässt - Zwischenbilanz der "Kulanzregelung" verheerend: Von 45.000 Betrugsfiltern bis 30.6.2008 erst 1.408 Partikelfilter sicher getauscht - Deutsche Umwelthilfe rechnet mit schneller Entscheidung der Bundesregierung über den rückwirkenden Entzug der ABE aller nicht funktionierender Partikelfilter noch in 2008 - Deutsche Umwelthilfe warnt mehr...

  • CSU-Landesgruppe / Bartholomäus Kalb: Erhöhung der Pendlerpauschale wirkt zielgerichtet Berlin (ots) - Anlässlich des Interviews des baden-württembergischen Finanzministers Stächele in der heutigen Financial Times Deutschland erklärt der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Bartholomäus Kalb: Die hohen Spritpreise belasten gerade in den süddeutschen Flächenstaaten die leistungswilligen Arbeitnehmer, die täglich zur Arbeit pendeln müssen. Es ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, dass der wirtschaftliche Aufschwung mehr bei den Menschen ankommt. Das gilt vor allem mehr...

Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten

Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:

LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre

durchschnittliche Punktzahl: 0
Stimmen: 0

Bitte nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, diesen Artikel zu bewerten:

Exzellent
Sehr gut
gut
normal
schlecht