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LVZ: Ermutigend

Geschrieben am 31-05-2006

Leipzig (ots) - Von Bernd Hilder
Aufatmen ohne Jubelsturm. So lassen sich die gedämpften Reaktionen
auf die erfreulichste Entwicklung am Arbeitsmarkt seit langem
zusammenfassen. Der größte Rückgang der Arbeitslosigkeit seit der
Wiedervereinigung ist ein ermutigendes Signal, aber eben auch nicht
mehr - und noch längst keine Entwarnung. Deswegen sind die
zurückhaltenden Stellungnahmen der zuständigen Minister für
Wirtschaft und Arbeit, Glos und Müntefering, wohltuend realistisch.
Keiner von beiden trompetet eine grundlegende Wende im Kampf gegen
die Massenarbeitslosigkeit heraus, wie das bei früheren Kabinetten
bei kleinsten Trendaufhellungen üblich war. Sie wissen, dass
überwiegend Sondereffekte den Arbeitsmarkt schöner als erwartet
leuchten lassen. Die typische Frühjahrsbelebung fällt so heftig aus,
weil sie wegen schlechten Wetters erst sehr spät kommt. Und rechnet
man die inflationären und zum Teil echte Arbeitsplätze vernichtenden
Ein-Euro-Jobs in die Statistik mit hinein, sieht die Lage schon nicht
mehr so rosig aus.
Auf dem Haben-Konto der großen Koalition steht ihr seriöser, nicht
von öffentlichem Hauen und Stechen geprägter, meistens (noch) ruhiger
Politikstil. Dadurch werden ihre unbezahlten Politik-Kredite jedoch
nicht ausgeglichen. Denn von einer dynamischen Wirtschaftspolitik,
die neue Arbeitsplätze schafft und beispielsweise in Ostdeutschland
zu einem selbsttragenden Aufschwung führen könnte, ist noch nichts zu
sehen. Allein mit einer Verschärfung von Hartz IV ist die
Massenarbeitslosigkeit nicht zu beseitigen. Den Druck auf die große
Schar Arbeitsunwilliger zu erhöhen, ist richtig. Aber alles in allem
ist nur eine Minderheit der Arbeitslosen faul. Viele wollen arbeiten,
um mit eigenener Kraft und erhobenen Hauptes ihre Familien ernähren
zu können. Allein was fehlt, sind genügend Arbeitsplätze. Es gibt in
Deutschland keine 4,5 Millionen freien Stellen. Die Druckerhöhung der
Hartz-IV-Nachbesserer wird helfen, Geld zu sparen, am Arbeitsmarkt
aber kein Allheilmittel sein. Fraglich ist, ob die wünschenswerte
Reduzierung der Transferleistungen für Arbeitsverweigerer im
arbeitsfähigen Alter auf Lebensgutscheine im Wohlfahrtsstaat
Deutschland politisch durchsetzbar und rechtlich haltbar ist.
Entscheidend aber ist: Ohne Arbeit keine Vermittlung von
Arbeitslosen. Noch immer gehen jeden Tag viele
sozialversicherungspflichtige Stellen verloren, weil der Politik der
Mut fehlt, neue Wege zu beschreiten. Der Chef der Bundesagentur für
Arbeit, Weise, formuliert es lieber nebulös, ohne die Verantwortung
der Politik zu bemühen: Für eine grundlegende Besserung seien die
wirtschaftlichen Impulse noch zu schwach. Obwohl die Arbeitslosigkeit
gesunken ist, sind die Kosten für Arbeitslose gestiegen. Auch dies
ist eine Folge von Hartz IV und der staatlich subventionierten
Hilfsarbeit. Sicherlich wird die Arbeitslosigkeit in den kommenden
Sommermonaten weiter abnehmen. Ob der Trend langen Atem hat, ist
ungewiss. Allein die saftige Mehrwertsteuererhöhung kann einen
Konjunkturknick bewirken - mit fatalen Folgen für die Beschäftigung.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351
Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2

Rückfragen bitte an:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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