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LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Olympia

Geschrieben am 08-08-2008

Leipzig (ots) - Eine Welt, ein Traum. Die gigantische, ja
traumhafte Eröffnung wurde dem Motto der ersten Olympischen Spiele im
bevölkerungsreichsten Land der Welt gerecht. Doch wie so oft im Leben
hält der wohlklingende Slogan dem Blick hinter die Kulissen nicht
stand. Träumt die Welt etwa davon, dass einem Sechstel der Menschheit
im Reich der Mitte die freie Meinungsäußerung verboten wird? Gehört
zu unseren Träumen, dass das tibetische Volk unterdrückt und in China
die politische Opposition aus dem Verkehr gezogen wird? Es ist eher
ein Albtraum, dass für den Bau von Sportstätten ebenso wie für ein
Mammut-Projekt wie den größten Staudamm der Welt Millionen Menschen
ohne Aussicht auf fairen Ausgleich Haus und Hof verlieren.
Unehrlichkeit und Heuchelei sind kei-ne Erfindung der chinesischen
Machthaber, sondern den Menschen auf dem ganzen Planeten eigen. Die
Sportler sind nur die sichtbare Spitze des Eisberges. Da spielen sich
seit Jahrzehnten bis zur Haarwurzel gedopte Athleten als Saubermänner
und -frauen auf, ohne rot zu werden. Ob in den USA, China, Osteuropa
oder im deutschen (Rad-)Sport, ein großer Teil der Sportwelt war und
ist verseucht. Dass die Herren der Ringe im IOC das Doping-Problem
noch lange nicht im Griff haben, vermasselt uns die olympische
Vorfreude teilweise mehr als der Ärger über die chinesischen
Verhältnisse.
Mit den Gastgebern sollte sich die westliche Welt in Geduld üben. Das
ewige Schwingen des Holzhammers führt eher zum Schulterschluss der
Chinesen mit ihren Machthabern, die unter dem Deckmantel des
Kommunismus eine unsolidarische Zwei-Klassen-Gesellschaft
zementieren. Dass sich die chinesische Führung in erster Linie im
Glanz der Eröffnungsshow sonnen würde, war ohnehin klar und sollte
die Eindrücke nicht trüben.
Olympia bedeutete in der Antike, dass für den Zeitraum der Spiele
alle kriegerischen Handlungen ruhen. Dies sollte auch jetzt der
Maßstab sein, da verbale Attacken gegen die Ausrichter nicht
abreißen. Es war richtig, dass China den Zuschlag erhielt. Olympia
bedeutet automatisch eine Öffnung. Welche Veränderungen die Spiele
dem Land wirklich bringen, wird sich erst in Jahrzehnten feststellen
lassen. Und ob unser derzeitiges politisches, gesellschaftliches und
ökonomisches System der Heilbringer für die Welt ist, werden
ebenfalls erst viele Generationen nach uns einschätzen können.
Vielleicht erleben diese dann saubere und unpolitische Spiele. Ein
Traum.

Originaltext: Leipziger Volkszeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/6351
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Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Redaktion

Telefon: 0341/218 11558


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