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Börsen-Zeitung: Die neuen Carry Trader Analyse "Marktplatz" von Martin Hampel.

Geschrieben am 15-08-2008

Frankfurt (ots) - Seit Beginn der Finanzkrise haben viele der
großen Investoren ihre Carry Trades rückabgewickelt. An ihre Stelle
sind neue, kleinere Marktteilnehmer getreten, die die
Zinsunterschiede der unterschiedlichen Volkswirtschaften ausnutzen
wollen - auch Privatanleger suchen die Vorteile. Das Geschäftsmodell
ist denkbar plausibel: Carry Trader verschulden sich in einer niedrig
verzinsten Währung und investieren das Geld in einer hoch verzinsten
Währung. Bei einem Leitzins von 0,5% in Japan und bis vor kurzem
8,25% in Neuseeland ließen sich da erkleckliche Gewinne erzielen. Wer
liquide war, ließ sich das Geschäft nicht entgehen. Innerhalb der
G-10-Währungen waren zuletzt der Yen, der Schweizer Franken und der
kanadische Dollar die attraktivsten Kreditwährungen, investiert wurde
in neuseeländische und australische Dollar sowie norwegische Kronen.
Doch spätestens seit Beginn der Finanzkrise begann das Geschäft der
Carry Trader riskanter zu werden: Schließlich sorgten die Turbulenzen
auch für hohe Schwankungen an den Devisenmärkten, und Volatilität mag
der Carry Trader überhaupt nicht - denn ein steigender Yen oder ein
fallender Kiwi-Dollar ist stets dazu angetan, die Rendite aus den
Zinsdifferenzen aufzufressen. Die großen Player, die Fonds und
institutionellen Investoren haben sich aber wohl ohnehin schon aus
dem Geschäft verabschiedet. Viele von ihnen, unter anderem die
Investmentbanken, hatten zu viele Probleme und zu wenig überschüssige
Liquidität, Stück um Stück wurden die Carry Trades rückabgewickelt.
Nun trifft nach der Finanzkrise auch noch der starke Dollar die Carry
Trader. Denn ein Nebeneffekt der Hausse des Greenback ist die
Abwertung des australischen und des neuseeländischen Dollar.

Doch mittlerweile hat sich eine andere Händlerklasse etabliert,
die in den großen Banken als "Kimono-Trader" bekannt ist. Mit dem
Begriff bezeichnen die Banker japanische Hausfrauen, die mit der
Haushaltskasse in neuseeländischen oder australischen Dollar zocken.
Neutraler gesagt sind es japanische Kleinanleger, die den Zinsvorteil
ausnutzen. Vor allem der Neuseeland-Dollar hat es den Japanern
angetan: Immerhin machen Geschäfte des Währungspaars Yen/Kiwi-Dollar
schätzungsweise knapp die Hälfte der offenen Positionen an der
Tokioter Finanzbörse aus.

Es gibt noch eine weitere Gruppe von Privatleuten, die von den
Zinsdifferenzen profitieren wollen. In Osteuropa finanziert eine
stetig größer werdende Zahl privater Häuslebauer ihr neues
Wohneigentum in Yen. In Ländern wie Rumänien, Polen oder Ungarn
werden zwischen 40 und 60% der neuen Hypothekenkredite in Yen
abgeschlossen. Das könnte zum Problem werden, wenn die Bank of Japan
den Leitzins anheben sollte, der Yen aufwertet und sich die Kredite
der Osteuropäer verteuern.
Doch auch einige der großen Institute könnten nervös werden, wenn der
Yen aufwertet: Aus Marktkreisen verlautet, dass sich zahlreiche
Banken auf beiden Seiten des Atlantiks in größerem Stil in Yen
refinanzieren. Der günstige Zinssatz hat dabei den Vorteil, dass man
die Bilanz billig ausgleichen kann, die durch strukturierte Produkte
in Schieflage geraten war. Immerhin war es erstaunlich, dass der Yen
von der Krise fast unbeschwert vor allem zum Dollar relativ billig
geblieben ist. Wurden zunächst Yen benutzt, um in Vorkrisenzeiten die
Leverage zu finanzieren, so wird jetzt die Nachfrage dadurch
gestärkt, dass mit Yen die Schäden der hohen Leverage ausgeglichen
werden. Der Carry Trade in Yen hat die Tendenz zum Wachsen, heißt es.
Zu Beginn der Krise seien Positionen allenfalls kurzfristig
zurückgefahren worden.

Obgleich der Carry Trade für die großen Investoren aktuell etwas
weniger lukrativ ist: Aussterben wird er nicht, vor allem wenn man
auf möglichst risikoarme Varianten innerhalb großer Währungen setzt
und die tendenziell volatileren Emerging Markets außen vor lässt.
Betrachtet man die drei am niedrigsten und drei am höchsten
verzinsten Valuten des G-10-Universums, ließ sich zumindest vor der
Krise im Monatsschnitt betrachtet fast immer Geld verdienen -
spätestens wenn die Investoren mehr Lust auf Risiko haben und die
Währungen weniger schwanken, dürften auch die großen Investoren
wieder bei den Carry Trades dabei sein.

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2

Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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