Westdeutsche Zeitung: Georgien = von Eberhard Fehre
Geschrieben am 26-08-2008 |
Düsseldorf (ots) - "Vergessen Sie die territoriale Integrität Georgiens", hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach dem georgischen Überfall auf Südossetien den französischen EU-Vermittlern gesagt. Mit der Verwüstung Zchinwalis habe Saakaschwili endgültig jeden Anspruch auf die abtrünnigen Regionen verspielt. Und jedermann in Washington, Brüssel oder Berlin wusste, dass es so war. Deshalb findet sich in dem Waffenstillstandsabkommen auch keinerlei Hinweis auf die "territoriale Integrität" Georgiens. Überraschen kann daher niemanden die Anerkennung der beiden Republiken durch Moskau, sondern allenfalls die Eile, mit der der Kreml Georgiens Schutzmacht USA vor vollendete Tatsachen stellt. Für die Anerkennung finden sich ebenso gute Gründe, wie es gegen sie ernstzunehmende Einwände gibt. Tatsächlich waren beide Regionen nach dem Zerfall der Sowjetunion nie Teil des georgischen Staatsverbandes. Und nach dem gescheiterten Angriff auf Südossetien - nach 1992 und 2004 schon der dritte georgische Überfall - gab es da nichts mehr zu vermitteln. Russland als Garantiemacht darf und muss die Sicherheit dieser Völker, die sich aus freien Stücken unter den Schutz der Russischen Föderation gestellt haben, garantieren. Dennoch steht die Anerkennung völkerrechtlich auf äußerst wackligen Beinen. Und sie könnte sich als Präzedenzfall durchaus auch gegen Russland selbst richten. Doch die zur Schau gestellte Empörung in den westlichen Hauptstädten wird niemanden wirklich beeindrucken. Weder in Berlin noch in Brüssel und schon gar nicht in Washington war auch nur ein Wort des Bedauerns über den georgischen Angriff zu hören, dessen erste Opfer leichtbewaffnete russische Friedenssoldaten waren. Dass der in der UN-Charta festgeschriebene Gewaltverzicht auch für Saakaschwili und seine US-Berater gilt, schien keiner Erwähnung wert. Wer die Bomben auf Belgrad, den Sturm auf Bagdad und die Abtrennung des Kosovo am Völkerrecht vorbei verteidigt, kann nicht ernsthaft erwarten, anderen in Sachen Völkerrecht glaubwürdig Belehrungen erteilen zu dürfen. Ein Krieg ist keine Lappalie, die folgenlos bleiben könnte. Schon gar nicht ein verlorener. Vielleicht haben nun alle ihre kaukasische Lektion gelernt - in Washington, Tiflis und Moskau.
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