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Börsen-Zeitung: Konzertierte Aktion, Kommentar von Jürgen Schaaf zur Zerschlagung von Zinssenkungsfantasien durch führende Notenbanker

Geschrieben am 27-08-2008

Frankfurt (ots) - Verwundert mögen sich die Währungshüter der
Europäischen Zentralbank (EZB) die Augen gerieben haben, als sie sich
die jüngsten Entwicklungen der Markterwartungen zur Zinspolitik
betrachtet haben. Postwendend wurden die Falken ausgesandt, um die
Spekulationen über anstehende Zinssenkungen flugs zu kassieren.
Gleich mehrere Ratsmitglieder haben gestern diese Fantasien zum
Platzen gebracht.

Wegen der sich drastisch eintrübenden Konjunkturaussichten und des
zuletzt deutlich gesunkenen Ölpreises wurde zunehmend damit
gerechnet, dass die EZB spätestens im Frühjahr 2009 den Leitzins
senken kann, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen, ohne dass
es zu nennenswerten Kollateralschäden an der Inflationsfront käme.
Die Terminkontrakte auf den Tagesgeldzinssatz des Euro spiegeln eine
Markterwartung von 100% wider, dass der Leitzins bis spätestens Mai
2009 von derzeit 4,25% auf 4% sinken werde.

Zwar ist prinzipiell richtig, dass sowohl der Rückgang des
Ölpreises als auch die konjunkturelle Flaute den Inflationsdruck
erheblich dämpfen werden. Aber so schnell schießen weder die Preußen
noch die Notenbanker, dass sie bereits jetzt billigeres Geld in
Aussicht stellen könnten. Denn erstens ist das Niveau der Teuerung im
Euroraum mit zuletzt 4% derart hoch, dass es zwangsläufig eine ganze
Weile dauern wird, bis sie die Stabilitätsmarke von knapp unter 2%
wieder unterschritten wird. Und zweitens kann auf dem Weg dorthin
eine ganze Menge passieren, so dass die Rechnung rasch fallender
Inflationsraten nicht aufgeht.

So dürfte der Ölpreis nicht ungebremst auf 70 Dollar je Fass
fallen. Naturkatastrophen (Hurrikan "Gustav" lässt grüßen) sowie
politische Konflikte (im Kaukasus oder östlich davon) können ihn
sogar schnell wieder nach oben treiben. Auch an der Lohnfront ist es
noch zu früh für Entwarnung. Bislang zumindest gibt es keine
Anzeichen dafür, dass etwa die IG Metall angesichts eines mehrfach
zurückgegangenen Ifo-Indexes in Demut und Bescheidenheit in die im
Herbst anstehenden Tarifverhandlungen ziehen will.

Die fast schon als konzertierte Aktion anmutenden Äußerungen der
EZB-Ratsmitglieder hatten vor allem ein Ziel, die Markterwartungen zu
lenken in Richtung des politischen Willens in der EZB-Führung:
Vorerst gibt es keine Zinssenkungen.

(Börsen-Zeitung, 28.8.2008)

Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
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Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0


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