Welche Zukunft hat die Familie?
Geschrieben am 31-08-2008 |
Hamburg (ots) - Familienforscher fordert ein zentrales Ministerium für Kinder- und Familienangelegenheiten, in dem alle Themen - von Krippenbetreuung über Ausbildung, Uni und Beruf - gebündelt sind.
Hat die traditionell organisierte Familie noch Zukunft? Oder steht uns ein struktureller Wandel des Familienbildes bevor? "Familie ist ein dynamisches Modell," sagt Familienforscher Wassilios Emmanuel Fthenakis von der Universität Bozen im Gespräch mit der Frauenzeitschrift FÜR SIE (19/08; EVT: 2. September). "Es kann nur überleben, wenn es anpassungsfähig ist."
Fthenakis hält ein grundlegendes Umdenken für notwendig: "Alle Ebenen von Wirtschaft und Politik müssen reagieren. Alle müssen einsehen, dass Kinder und Familien die Grundlage für die Existenz unseres Sozialsystems sind." Er spricht sich für ein zentrales Ministerium für Kinder- und Familienangelegenheiten aus, in dem alle Themen von Krippenbetreuung über Ausbildung, Uni und Beruf gebündelt sind. Bildung sei dabei ein wichtiger Schlüssel für Beziehungen. "Männer werden heute falsch sozialisiert," beklagt der Entwicklungspsychologe. "Empathie, Konfliktmanagement, ein stabiles Selbstwertgefühl all die Kompetenzen, die man für ein Partnerschaft braucht, müssten früh und kontinuierlich über den gesamten Bildungsweg gefördert werden."
Für die Zukunft prognostiziert der Experte ein völlig neues Familienbild: Jeder Elternteil wird seine Unabhängigkeit bewahren und nicht selten sogar einen eigenen Haushalt führen, so dass die Kinder hin- und herpendeln. Auch Freunde und Kollegen würden zukünftig zum familiären Netz gehören. Allerdings geht Fthenakis von einer geringeren Dauerhaftigkeit der Familien aus. "Es wird normal sein, dass man im Leben mehrere Partnerschaften nacheinander eingeht."
Dass die Geburtenrate derzeit zum ersten Mal seit Jahren steigt, sieht der Familienforscher als positive Reaktion auf das neu eingeführte Elterngeld, nicht aber als grundlegende Trendwende im Bevölkerungswachstum: "Ein Instrument allein kann nicht den Trend im Fortpflanzungsverhalten verändern." Zwar haben viele Menschen den Wunsch nach Familie, doch scheitert die traditionell organisierte Familie an der gesellschaftlichen Realität. "Die klassische Familie wurde für die Industriegesellschaft konstruiert," erklärt Fthenakis. Die moderne Wirtschaft erfordert jedoch andere Arbeitszeiten, mehr Flexibilität und Mobilität. Viele Menschen bleiben Single, viele Paare kinderlos, um diesen Ansprüchen zu genügen. Immerhin trägt die Elterngeldregelung zur Demokratisierung der Partnerschaft bei, da mehr Väter in Elternzeit gehen. Außerdem verstärkt es die Tendenz zu familienfreundlicheren Arbeitszeitmodellen, so der Experte.
Eltern brauchen Unterstützung beim ersten Kind, damit sie nicht automatisch in die traditionellen Rollen hineinrutschen. Ein gutes Beratungsangebot soll helfen, wenn Übergangssituationen entstehen oder wenn sich neue Partner zu Patchworkfamilien zusammentun, wie es immer häufiger geschieht. Denn, so Fthenakis: "Der Wandel der typischen Familie ist auch das Geheimnis ihres Fortbestehens".
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