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Rechtsunsicherheit prägt Umfeld für Pflanzenbiotechnologie in Deutschland und Europa / Medizinische und industrielle Biotechnologie in Deutschland auf Wachstumskurs

Geschrieben am 09-09-2008

Frankfurt am Main (ots) -

- Querverweis: Hintergrundmaterial liegt in der digitalen
Pressemappe zum Download vor und ist unter
http://www.presseportal.de/dokumente abrufbar -

Die Biotechnologie-Branche in Deutschland befindet sich weiter auf
Wachstumskurs. Wie Dr. Bernward Garthoff, Vorsitzender der Deutschen
Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), vor der Presse in
Frankfurt erklärte, lasse sich diese Entwicklung an drei Tatsachen
ablesen: Die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche steigt. Die
Entwicklungspipeline für neue Arzneimittel auf biotechnischer Basis
umfasst mehr Wirkstoffkandidaten als je zuvor. Und beim Einsatz für
industrielle Zwecke zählt Deutschland mit seinem Know-how und den
Produktionskapazitäten zu den führenden Nationen auf der Welt. "Die
Erfolgsstory bei der roten und weißen Biotechnologie setzt sich fort.
Jedes Jahr kommen neue spannende Kapitel hinzu", sagte Garthoff.
Sorgenkind der Branche bleibt aber weiterhin das Segment der
Agrarwirtschaft. "In der Pflanzenbiotechnologie sind wir keinen
Schritt weiter gekommen", betonte der DIB-Vorsitzende. "Das Umfeld in
Deutschland und der EU ist weiterhin von Rechtsunsicherheit,
politischer Willkür und Feldzerstörungen geprägt."

Für die Zukunft der chemischen Industrie bietet die weiße
Biotechnologie große Chancen und neue Möglichkeiten. Mit Enzymen aus
Pilzen oder Mikroorganismen, die zusätzlich gentechnisch optimiert
werden, können Verfahren und Produkte wirtschaftlicher oder
umweltschonender gestaltet werden. Waschmittelenzyme sind ein
Paradebeispiel für diese Entwicklung in der Branche. Mit
biotechnischen Prozessen lassen sich aber auch nachwachsende
Rohstoffe besser verarbeiten, zum Beispiel für die Herstellung von
Lacken, Klebe-, Dämm- oder Schmierstoffen. In Deutschland werden
heute etwa 5 Prozent der chemischen Produkte mit Hilfe von rund 100
verschiedenen Bakterienarten erzeugt. Mit einem Fermentervolumen von
insgesamt 830.000 Litern haben deutsche Unternehmen nach den USA die
weltweit größten Produktionskapazitäten auf diesem Gebiet
installiert.

Knapp 8 Prozent der rund 500 Unternehmen in Deutschland, die ganz
oder überwiegend mit modernen biotechnischen Verfahren arbeiten,
bezeichnen zurzeit die industrielle Biotechnologie als ihren
Tätigkeitsschwerpunkt. Der wirtschaftliche Erlös dürfte bei
mindestens 1 Milliarde Euro liegen, so Garthoff. Das Weltmarktvolumen
wird aktuell auf etwa 55 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Mehrere
Studien erwarten, dass der Markt bis 2015 um ein Mehrfaches
expandiert.

Garthoff wies darauf hin, dass herkömmliche chemische Verfahren
dadurch nicht ihren Stellenwert verlieren würden. Es hänge vom
Einzelfall ab, welches Verfahren sich hinsichtlich Kosten, Energie-
und Rohstoffverbrauch und Emissionen am Ende durchsetze. "Die
Wachstumsrate von Produkten der industriellen Biotechnologie liegt
allerdings signifikant über der von chemisch hergestellten
Produkten", betonte der DIB-Vorsitzende. Diese Verschiebung in den
Produktionsprozessen könne man insbesondere in der Sparte der Fein-
und Spezialchemikalien beobachten.

Rote oder medizinische Biotechnologie: 4.000 neue Stellen
geschaffen

Ende 2007 waren in Deutschland 177 Biopharmazeutika zugelassen.
Mit dieser Gruppe von Arzneimitteln wurde im vergangenen Jahr ein
Umsatz von über 4 Milliarden Euro erzielt. Damit stieg der Absatz
gegenüber 2006 um 28 Prozent. Arzneimittel auf biotechnischer Basis
haben inzwischen über alle Indikationen einen Anteil von 15 Prozent
am gesamten Pharmamarkt in Deutschland erreicht. Die Liste der
Wirkstoffkandidaten in der klinischen Entwicklung ist 2007 um weitere
10 Prozent auf über 350 gestiegen. Die Zahl der Hoffnungsträger, die
es bis in die entscheidende Phase III geschafft haben, hat sich fast
um ein Drittel auf 92 erhöht. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl
der Arbeitsplätze in den 371 Unternehmen, die in Deutschland in der
medizinischen Biotechnologie tätig sind, um rund 4.000 Stellen. Das
entspricht einem Zuwachs von 14 Prozent auf insgesamt 34.000
Beschäftigte. Der Umsatz mit biotechnisch hergestellten Diagnostika
erreichte 2007 rund 1 Milliarde Euro. Damit deckt diese Gruppe jetzt
rund 35 Prozent des gesamten deutschen Marktes für Reagenzien zu
diagnostischen Zwecken ab.

Grüne oder Pflanzenbiotechnologie: Forschung und Anbau behindert

Der Vorsitzende der DIB wies darauf hin, dass sich auch nach der
Novellierung des Gentechnikgesetzes die Situation weder für die
Entwicklung noch für den Anbau gentechnisch optimierter Pflanzen
verbessert habe. So weise das Standortregister für
Freisetzungsversuche einen Rückgang der Auspflanzungen von 78 (2007)
auf 38 im laufenden Jahr aus. Mehrere Universitäten und
Fachhochschulen mussten ihre Versuche aufgrund von Feldbesetzungen
aufgeben.

Die Übergriffe militanter Gentechnikgegner auf den Anbau blieben
2008 unverändert hoch. In der ersten Jahreshälfte wurden 22
Feldzerstörungen gemeldet. Trotz der zahlreichen Vorfälle in den
vergangenen Jahren sind im Gentechnikgesetz daraus keine Konsequenzen
gezogen worden, was Einschränkungen im öffentlichen Teil des
Standortregisters betrifft. Hier sieht Garthoff dringenden
Nachbesserungsbedarf.

Französische Initiative zur Zulassung weder notwendig noch
sachgerecht

Der Gegenwind für die Anwendung der Pflanzenbiotechnologie in der
EU könnte sich Garthoff's Ansicht nach durch eine Initiative der
französischen Ratspräsidentschaft noch verstärken. Sie will das
Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen einer
Revision unterziehen. Dabei geht es vor allem darum, die
Entscheidungskompetenz der neutralen Zulassungsbehörde EFSA zulasten
einer stärkeren Mitsprache der Mitgliedsstaaten zu beschneiden. In
der EFSA erstellen 21 international anerkannte unabhängige Experten
nach dem neuesten Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse die
Risikobewertung für gentechnisch veränderte Pflanzen, für die eine
EU-weite Anbaugenehmigung beantragt wird. Höchstmögliche Sicherheit
für Mensch, Tier und Umwelt ist das Ziel dieser Risikobewertung, an
der die Mitgliedsstaaten beteiligt werden. Garthoff: "Es wäre aus
unserer Sicht ein fataler Schritt für den Wirtschaftsstandort Europa,
wenn wir Bestrebungen nachgeben, die Sicherheitsbewertung
gentechnisch veränderter Organismen künftig nicht auf Basis strenger
wissenschaftlicher und objektiver Kriterien vorzunehmen. Wir wünschen
uns statt dessen mehr Stimmen aus der Politik, die sich für die
Wertschätzung wissenschaftlicher Erkenntnis stark machen, statt
diffuse Ängste zu bedienen, um daraus Wahlkapital zu schlagen."

Originaltext: DIB Dt. Industrievgg. Biotechnologie
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/20949
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_20949.rss2

Pressekontakt:
Manfred Ritz
E-Mail: presse@dib.org
Telefon: 069 2556 1496


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