"Frauen schlagen öfter als Männer" - Bremer Soziologe kritisiert Schweigen über weibliche Gewalt in Familien - - Geschlechterforscher: "Zahlen über gewalttätige Männer sind irreführend" -
Geschrieben am 17-09-2008 |
Hamburg (ots) - Männer sind offenbar weitaus häufiger Opfer von gewalttätigen Frauen als gemeinhin bekannt ist. Der Soziologie-Professor Gerhard Amendt, Leiter des Instituts für Geschlechter- und Generationsforschung der Universität Bremen, kommt in einem Interview des Männer-Lifestylemagazins "Men's Health" (Ausgabe 10/2008, EVT 17.09.2008) sogar zu dem Schluss, "dass Frauen in Beziehungen öfter schlagen als Männer" - und rüttelt damit an einem gesellschaftlichen Tabu. Angaben des Bundesfamilienministeriums, wonach 95 Prozent aller Straftaten im häuslichen Bereich von Männern gegen Frauen verübt werden, bezweifelt er. "Die Zahlen, die hier in Deutschland verwendet werden, stammen in aller Regel von Frauenberatungsstellen oder Häusern für geschlagene Frauen, die sie recht beliebig aus ihrer eigenen Arbeit zusammengebastelt haben. Das wird auf die Bevölkerung hochgerechnet, und die Politik schluckt das dann bereitwillig. Die Zahlen sind nicht repräsentativ, sie sind irreführend", sagt Amendt, der weiterhin kritisiert, dass internationale Forschungsergebnisse in Deutschland einfach totgeschwiegen werden.
"In unserer Gesellschaft gibt es eine ausgeprägte Neigung, die gewalttätigen Seiten von Frauen einfach zu ignorieren", erklärt Amendt weiter. "Die Gewalt zwischen Partnern ist angeblich nur männlich - etwas anderes darf es nicht geben." Diese Tabuisierung führt nach Einschätzung des Soziologen dazu, dass nur eine Minderheit der betroffenen Männer über die Gewalt ihrer Frauen offen spreche. "Manche tun so, als ob die Schläge ihrer Partnerin sie nicht verletzten würden", sagt Amendt. "Am nächsten Tag gehen sie heimlich mit gebrochenen Rippen zum Arzt. Das Körperliche schmerzt jedoch meist weniger als die Tatsache, dass die Frau zugeschlagen hat. Das bringt Abschätzigkeit zum Ausdruck und unterstellt obendrein, dass man mit einem Mann nicht reden kann." Viele Männer seien "deshalb verzweifelt" und "begraben ihre Erfahrung ganz einfach in ihrem Inneren", sagt der Experte. Die Betroffenen seien "mit den Frauen der 1950er-Jahre" vergleichbar. "Sie erleben Gewalt von ihrer Partnerin und schweigen darüber - beschämt, wie die Gesellschaft als Ganzes." Doch das Schweigen befördere die Gewalt der Frauen sogar noch, warnt Amendt. "Diese Männer wissen gar nicht, was sie damit anrichten, wenn sie ihre Schmerzen verleugnen. Sie bringen die Frau dazu, immer heftiger draufzuhauen, denn sie will ja zumeist, dass der Partner redet. Frauen schlagen allerdings nicht immer nur, weil sie den Mann zum Reden bringen wollen, sondern auch, weil sie ihn mundtot machen möchten. Da gibt es unendlich viele Varianten", erklärt der Soziologie-Professor.
Um den betroffenen Männern gezielt aus der Isolation zu helfen, müsse es "völlig neue Beratungsstellen" geben, fordert Amendt. Davon sei Deutschland jedoch noch weit entfernt. "Solange gerade die federführende Bundesfamilienpolitik an der Verleugnung weiblicher Gewalt in der Familie tatkräftig mitwirkt, ist das allerdings nur schwer vorstellbar", resümiert der Soziologie-Professor, gibt aber gleichzeitig die Hoffnung nicht auf: "Ich denke, dass es in den nächsten Jahren hier zur Wende kommen wird."
Das vollständige Interview finden Sie unter www.MensHealth.de/presseservice
Originaltext: Men's Health Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/32294 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_32294.rss2
Pressekontakt: Marco Krahl Textchef/Men's Health Tel. 040/853303-963 E-Mail: mkrahl@menshealth.de
Men's Health ist mit 38 Ausgaben in 44 Ländern und einer Gesamtauflage von fast 4,5 Millionen Exemplaren das größte Männer-Lifestylemagazin der Welt. Monatlich erreicht Men's Health damit 21,2 Millionen Leser.
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