Börsen-Zeitung: Versteckte Kamera? Kommentar zum Skandal bei der KfW von Bernd Wittkowski
Geschrieben am 18-09-2008 |
Frankfurt (ots) - Sie schaffen sich einen Neuwagen der gehobenen Mittelklasse an und müssen den Kaufpreis von 35000 Euro fristgerecht an den Autohändler überweisen. Um einerseits keine Habenzinsen zu verschenken und andererseits nicht in Verzug zu geraten, füllen Sie im Online Banking eine Terminüberweisung für nächsten Montag aus. Am Wochenende lesen Sie in der Lokalpresse, der Autohändler habe sein Geld in der Spielbank verzockt und stehe vor der Pleite. Ihre Terminüberweisung lassen Sie dennoch laufen. Auf die Idee, den Überweisungsauftrag zu stornieren und das Geld nur Zug um Zug gegen Übergabe des Autos samt Kraftfahrzeugbrief - falls der Händler dazu überhaupt noch in der Lage ist - auszuhändigen, kommen Sie einfach nicht.
Geht nicht? Geht nicht, gibt's nicht! Bei Praktiker nicht und - wenn es um die Vernichtung von Volksvermögen geht - bei der KfW offenbar schon gar nicht. Nur sind es da nicht 35000, sondern 350 Mill. Euro. Wirklich allzu schade, dass man nicht Mäuschen sein konnte, als am Montag bei der insolventen Lehman Brothers der Eingang des von der Frankfurter Förderbank angewiesenen Betrages registriert wurde und die Mimik der New Yorker Investmentbanker zunächst von Verdutztsein ("kann doch nicht sein!") in Argwohn, gerade Opfer eines makabren Scherzes ("Versteckte Kamera"?) zu werden, umschlug, ehe ein minutenlanger Lachkrampf einsetzte, als man merkte, dass da mitnichten jemand bewusst hatte witzig sein wollen.
Als wäre das Desaster von der existenzbedrohenden Schieflage der IKB bis hin zu deren gestern vom KfW-Verwaltungsrat abgesegnetem Verkauf nicht Affäre genug gewesen! Spötter sprechen schon von einem "Einstand nach Maß" für den seit 19 Tagen amtierenden neuen KfW-Chef Ulrich Schröder. Aber dem muss man, so peinlich der "Lehman-Vorfall" ist, noch am ehesten eine kurze Schonfrist zugestehen. Mit Peter Fleischer und Detlef Leinberger müssen nun zwei altgediente Vorstandsmitglieder zunächst in Form der sofortigen Suspendierung von ihren Aufgaben die Verantwortung übernehmen. Überhaupt nicht witzig finden nämlich die Politiker den "ungeheuerlichen Vorgang" (so Bundesfinanzminister Peer Steinbrück). Was man wiederum durchaus nachvollziehen kann: Schieflagen bzw. Skandale öffentlicher Banken haben schon Politiker bis hinauf zum Ministerpräsidenten den Job gekostet.
Originaltext: Börsen-Zeitung Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
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