Südwest Presse: Kommentar zum Jugendstrafvollzug
Geschrieben am 07-06-2006 |
Ulm (ots) - Für Jugendliche ist das deutsche Gefängnis bislang kein rechts-, aber ein gesetzesfreier Raum. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb vergangene Woche in aller Deutlichkeit neue Maßstäbe für den Jugendstrafvollzug gefordert. Dass nun - nachdem jahrzehntelang die gesetzlichen Grundlagen gefehlt haben - binnen kurzer Zeit gleich zwei konkurrierende Gesetzesentwürfe vorliegen, hat vor allem einen Grund: Sowohl der Bund als auch Baden-Württemberg und Bayern wollen angesichts der geplanten Kompetenzverlagerung an die Länder beweisen, dass nur sie allein den Vollzug am besten regeln können. Den Wettstreit hätte man sich vor dem Nachhilfeunterricht durch Karlsruhe gewünscht. Schließlich geht es nicht nur um Kompetenzen, es geht vor allem um junge Menschen, letztlich um nichts weniger als die Zukunft dieser Gesellschaft. Vieles, was nun von der Politik als eigenes Konzept verkauft wird, hat Karlsruhe vorgegeben: kleine Wohngruppen in den Haftanstalten, erweiterte Besuchszeiten, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten, ein wirksames Resozialisierungskonzept. Der Bund will die Vorgaben enger auslegen als die Länder. So oder so werden die Maßnahmen zusätzliches Geld kosten. Wenn sie die Wiedereingliederung junger Strafgefangener verbessern, ist es bestens angelegt. Bislang prägen hohe Rückfallquoten das Bild. Aber Jugendliche, die nicht mehr von der schiefen Bahn abkommen, kann sich die Gesellschaft nicht leisten.
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