Das Signal von Moorburg: Rechtsanspruch auf klimaschädliche Kohlekraftwerke abschaffen
Geschrieben am 01-10-2008 |
Berlin (ots) - Nach der Genehmigung des umstrittenen Kohlekraftwerks fordert Deutsche Umwelthilfe ordnungsrechtliche Schranken zur Abwehr neuer Kohlekraftwerke - Kein "gleichzeitiger Ausstieg aus Kohle und Atom" - Kohlestrategie der großen Koalition liefert Konzernen Argumente für Weiterbetrieb der Atomkraftwerke - Stromkunden sollen Vattenfall den Rücken kehren
01. Oktober 2008: Nach der Entscheidung zum Bau des umstrittenen Vattenfall-Kraftwerks in Hamburg Moorburg fordert die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) ein Verbot konventioneller Kohlekraftwerke. Der sich beschleunigende Klimawandel stehe dem hergebrachten "Rechtsanspruch auf Genehmigung klimaschädlicher Kohlekraftwerke diametral entgegen", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Wenn das Ziel der Bundesregierung, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu vermindern, "auch nur den Hauch einer Chance behalten soll, dann müssen wir sofort aufhören, weitere Kohlekraftwerke zu bauen."
Baake verwies darauf, dass das im Hamburger Stadtteil Moorburg geplante Kohlekraftwerk des Energiekonzerns Vattenfall Europe eine elektrische Leistung von über 1.600 Megawatt und eine thermische Feuerungsleistung von über 3.300 Megawatt erreichen solle. Nur ein Bruchteil der Abwärme (450 Megawatt) solle jedoch zur Fernwärmeversorgung in Hamburg eingesetzt werden, der Löwenanteil werde die Elbe aufheizen. Wer so verschwenderisch mit Energie umgehe, habe aus der Klimadebatte offenkundig nichts gelernt. "In Zukunft dürfen Kraftwerke nur noch an solchen Standorten geplant werden, an denen es einen ausreichenden Wärmebedarf gibt. Die elektrische Kraftwerksleistung muss sich an der Größe des Wärmebedarfs orientieren und nicht umgekehrt".
Die gegenwärtige Praxis Kohle-Großkraftwerke vornehmlich entlang der Nord- und Ostseeküste zu planen, nehme aus purem Gewinninteresse eine ungeheure Vergeudung von Rohstoffen und eine völlig unnötige Klimabelastung in Kauf. Baake forderte, mindestens solange keine Kohlekraftwerke mehr zu genehmigen, solange die von den Konzernen propagierte CO2-Abscheidung und Tiefenlagerung nicht zur Verfügung stehe und ihre Funktionstüchtigkeit noch nicht nachgewiesen sei.
Baake wies den Vorwurf zurück, die Umweltverbände erweckten den Eindruck als könne Deutschland aus Atom- und Kohlekraftwerken gleichzeitig aussteigen. "Die großen Kohleblöcke aus den neunziger Jahren und die genehmigten und bereits im Bau befindlichen sieben Kohlekraftwerke werden voraussichtlich noch mehr als 40 Prozent des deutschen Stromsbedarfs decken, wenn das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet wird - ob wir das schön finden oder nicht", sagte Baake. Deshalb laufe "mit Hochgeschwindigkeit in die Klima-Sackgasse, wer jetzt noch wie die Bundeskanzlerin und der Bundesumweltminister den Zubau weiterer konventioneller Kohlekraftwerke vorantreibt."
Die Behauptung, der zunehmende Widerstand gegen neue klimaschädliche Kohlekraftwerke erschwere den mit den Konzernen vereinbarten und gesetzlich geregelten Atomausstieg "grenzt an Volksverdummung", erklärte Baake. Gerade der Zubau kohlendioxidintensiver Kraftwerke liefere den Konzernen in wenigen Jahren den besten Vorwand für den Weiterbetrieb ihrer Atomkraftwerke. Weil zur Bereitstellung des in Deutschland benötigten Stroms in Zukunft nur noch eine von der EU festgelegte, begrenzte und in Schritten abnehmende Menge Kohlendioxid in die Atmosphäre geblasen werden darf, sei es Unsinn, ausgerechnet den Brennstoff mit dem höchsten Kohlendioxidausstoß pro Kilowattstunde Strom vorrangig zu nutzen. Deutschland erzeuge auf diese Weise wenig Strom mit viel CO2, was bei einer immer kleineren Menge zur Verfügung stehender CO2-Verschmutzungsrechten in der EU, den Strom knapp und teuer mache. Die Betreiber der Kohlekraftwerke stünden dann vor der Alternative, entweder im Ausland für viel Geld Verschmutzungsrechte zuzukaufen, was nichts anderes bedeute als den Klimaschutz von Deutschland in die Nachbarländer zu verlagern. Oder sie müssten den Betrieb ihrer Kraftwerke zeitlich einschränken und statt dessen Strom importieren. "Die Folge wird in beiden Fällen sein, dass der Druck für den Weiterbetrieb alter und störanfälliger Atomkraftwerke massiv steigt - ganz im Sinne der Betreiber". Auch deshalb dürfe der derzeit noch im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) verankerte Rechtsanspruch der Stromkonzerne auf den Zubau konventioneller Klimakiller-Kraftwerke keinen Bestand haben. Die DUH hatte bereits im Februar diesen Jahres einen eigenen ordnungsrechtlichen Vorschlag zum Stopp neuer Kohlekraftwerke vorgestellt. (www.duh.de)
Dem Vattenfall-Konzern warf Baake vor, sein Kohlekraftwerk in Moorburg rücksichtslos gegen die Klimaschutzinteressen Deutschlands und gegen den erklärten Willen der Hamburger Bürgerinnen und Bürger durchzusetzen. "Wenn die große Koalition darauf nicht reagiert, dann müssen es die Bürger und Stromkunden selbst tun", sagte Baake und rief die Vattenfall-Kunden auf, ihre Stromrechnungen nicht mehr in die Kassen des Kohle- und Atomkonzerns einzuzahlen. Vor exakt zwei Jahren habe die Deutsche Umwelthilfe das Aktionsbündnis "Atomausstieg selber machen" (www.atomausstieg-selber-machen.de) initiiert und die Stromkunden gemeinsam mit großen Umweltverbänden und Verbraucherschutzorganisationen aufgefordert, zu konzernunabhängigen Ökostrom-Versorgern zu wechseln. Die Kundenzahl der vier überregionalen Ökostromer Lichtblick, Naturstrom, Elektrizitätswerke Schönau und greenpeace energy hat sich seither von etwa 300.000 auf über 600.000 glatt verdoppelt. Baake: "Brunsbüttel und Krümmel waren und sind gute Gründe, Vattenfall den Rücken zuzukehren. Mit Moorburg kommt ein weiterer hinzu."
Originaltext: Deutsche Umwelthilfe e.V. Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/22521 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_22521.rss2
Pressekontakt: Für Rückfragen: Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0151 55016943, Fax: 030 2400867-19, E-Mail: baake@duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik & Presse, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0171 5660577, Fax: 030 2400867-19, E-Mail: rosenkranz@duh.de
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