LVZ: Leipziger Volkszeitung zu Guantánamo
Geschrieben am 11-06-2006 |
Leipzig (ots) - Kein Allheilmittel Von Olaf Majer Die gute Nachricht für George W. Bush im Anti-Terror-Kampf hielt genau drei Tage. Nach dem doch überraschend plötzlichen Dahinscheiden des Top-Terroristen Al-Sarkawi riss die Kunde vom dreifachen Häftlingsselbstmord in Guantanmo den US-Präsidenten aus seiner Wochenendruhe. Die eiligen Statements aus Washington zeigen: Die Berichte über Hungerstreiks und weitere Freitod-Versuche werden überaus ernst genommen. Lenken die Schockmeldungen doch wieder den Blick auf eine Einrichtung, die trotz vieler Erklärungsversuche für einen Großteil der Welt schlecht zu vermitteln ist. Häftlinge ohne Anklage und Prozess lassen sich nun mal kaum mit dem Selbstverständnis eines Staates vereinbaren, in dem Freiheit und Demokratie als höchstes Gut gern etwas dicker als anderswo aufgetragen werden. Auch der Vorwurf, viele Kritiker hätten die Gefängniszellen ja noch nie von innen gesehen, trägt einen gewissen Zynismus in sich. Denn außer den vertraulichen Visiten des Roten Kreuzes werden Besuchsanträge zumeist abgelehnt oder mit strikten Auflagen versehen. Zuletzt scheiterte daran eine geplante Führung von UN-Menschenrechtsexperten durch das Lager. Dass diese dicke Mauer des Schweigens allerlei Mutmaßungen geradezu provoziert, kann nicht verwundern. So kam prompt aus Saudi-Arabien der Verdacht, die Häftlinge seien gefoltert worden. Es wird einige Anstrengungen bedürfen, um diesen Vorwurf glaubhaft zu widerlegen Andererseits sollte der moralische Zeigefinger, der beim Thema Guantamo auch in Deutschland gern erhoben wird, nicht allzu hoch gestreckt werden. Die Gefangenflüge der CIA über der Bundesrepublik zeigen, dass auch zwischen Ostsee und Bodensee keine Oase der unangreifbaren Menschenrechte liegt. Zudem waren zu Zeiten des RAF-Krieges manche Landsleute über sich selbst erschrocken, wie schnell man in radikale Denkweisen verfällt, wenn der Terrorkampf im eigenen Land stattfindet. Die Bader-Meinhoff-Bande und ihre bombenden Symphatisanten hätten gern auch viele Bundesbürger schneller hinter Schloss und Riegel weggesperrt gesehen - ob nun mit oder ohne faires Verfahren. Natürlich kann eine ungezügelte Prävention außerhalb jeglicher rechtlicher Kontrolle kein Allheilmittel im Anti-Terror-Kampf sein. Auch wenn ein demokratischer Staat Handlungsfreiheit zum vorbeugenden Schutz seiner Bürger braucht - es muss für beide Seiten trotz allem der Rechtsstaat gelten. Der Zweck heiligt die Mittel nicht - leider auch nicht im Kampf gegen unseeliges Terror-Leid. Es ist das Dilemma, dass auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges Schlagersängerin Nicole mit ihrem Grand-Prix-Siegerlied 1982 erlebte: Der Song sei kompletter Quatsch, ätzten damals ihre Kritiker: Ein bisschen Frieden gibt es nicht. Nur ein bisschen Folter oder Rechtsbruch auch nicht.
Originaltext: Leipziger Volkszeitung Digitale Pressemappe: http://presseportal.de/story.htx?firmaid=6351 Pressemappe via RSS : feed://presseportal.de/rss/pm_6351.rss2
Rückfragen bitte an: Leipziger Volkszeitung Redaktion Telefon: 0341/218 11558
Kontaktinformationen:
Leider liegen uns zu diesem Artikel keine separaten Kontaktinformationen gespeichert vor.
Am Ende der Pressemitteilung finden Sie meist die Kontaktdaten des Verfassers.
Neu! Bewerten Sie unsere Artikel in der rechten Navigationsleiste und finden
Sie außerdem den meist aufgerufenen Artikel in dieser Rubrik.
Sie suche nach weiteren Pressenachrichten?
Mehr zu diesem Thema finden Sie auf folgender Übersichtsseite. Desweiteren finden Sie dort auch Nachrichten aus anderen Genres.
http://www.bankkaufmann.com/topics.html
Weitere Informationen erhalten Sie per E-Mail unter der Adresse: info@bankkaufmann.com.
@-symbol Internet Media UG (haftungsbeschränkt)
Schulstr. 18
D-91245 Simmelsdorf
E-Mail: media(at)at-symbol.de
16558
weitere Artikel:
- Rheinische Post: Nette Leute bei netten Leuten Düsseldorf (ots) - Von Hans Onkelbach Ignorieren wir mal das Sprichwort, das uns rät, den Tag nicht vor dem Abend zu loben, und freuen uns über das erste WM-Wochenende. Nein, nicht nur, weil Klinsis Knappen den Kickern aus Costa Rica zwar erlaubten, ihnen zwei Dinger reinzuhauen, aber am Ende dennoch gewannen. Auch nicht wegen des nun zu allem entschlossenen Sommers. Sondern weil wir derzeit eine fröhliche Stimmung in diesem Land erleben, die die Besucher erwartet haben, die uns Deutsche jedoch - immerhin freudig - überrascht. Als mehr...
- Rheinische Post: Kassen-Sozialisten Düsseldorf (ots) - Von Martin Kessler Noch schweigen sich die Groß-Koalitionäre über die Einzelheiten der Gesundheitsreform aus. Ein Opfer haben Rote und Schwarze aber bereits ausgemacht: die private Krankenversicherung. Hier liegt für die Kassen-Sozialisten noch ein Schatz, den es zu heben gilt. Die Prämien dort sprudeln kräftig und außerdem hat die Branche noch jede Menge Finanzreserven. Wer also nicht mehr Wettbewerb bei den Ärzten, Pharmakonzernen und Krankenhäusern will, weil das wenig wählerwirksam ist, muss sich eben nach solchen mehr...
- Rheinische Post: Todeszone Nahost Düsseldorf (ots) - Von Reinhold Michels Zwei Aussagen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können, markieren die heilloser denn je erscheinende Lage in der Todeszone Nahost: Da sprach Palästinenser-Präsident Abbas, das soeben entsetzlich getroffene Waisenkind Huda im Arm und Tränen in den Augen: "Wir werden weiter zum Frieden aufrufen." Und da schworen Palästinenser-Extremisten, sie würden zehn Juden für jedes getötete Mitglied der Familie Hudas umbringen. Realist ist leider, wer annimmt, dass Präsident Abbas' erklärter guter Wille mehr...
- Rheinische Post: Heftiger Streit in der CDU über Oettingers Vorstoß zur privaten Krankenversicherung Düsseldorf (ots) - Der Vorstoß des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) für die Beteiligung der privaten Krankenversicherungen an einem Gesundheitsfonds ist in der CDU auf heftigen Widerspruch gestoßen. Jens Spahn, CDU-Unterhändler in der Koalitions-Expertengruppe zur Gesundheitsreform, sagte der "Rheinischen Post" (Montagausgabe): "Oettingers Vorschlag wäre das Ende der privaten Krankenversicherung. Das ist für mich vollkommen unakzeptabel." Oettinger hatte am Wochenende gefordert: "Auch die Privatversicherten mehr...
- Einladung zur Präsentation: DIMR stellt Studie "Soziale Menschenrechte älterer Personen in Pflege" vor Berlin (ots) - Sehr geehrte Damen und Herren, wenn in der Öffentlichkeit über Pflege gesprochen wird, geht es meist um die Reform des Gesundheitswesens und die Finanzierung der Pflegeversicherung. Selten stehen die Bedürfnisse und die Rechte der Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf im Mittelpunkt der Diskussion. Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) lädt Sie herzlich ein zur Präsentation der Studie "Soziale Menschenrechte älterer Personen in Pflege". Sie thematisiert die Rechte von Pflegebedürftigen - wie das Recht mehr...
|
|
|
Mehr zu dem Thema Aktuelle Politiknachrichten
Der meistgelesene Artikel zu dem Thema:
LVZ: Leipziger Volkszeitung zur BND-Affäre
durchschnittliche Punktzahl: 0 Stimmen: 0
|