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Westdeutsche Zeitung: Eidgenossen stehen am Pranger = Von Ingo Faust

Geschrieben am 21-10-2008

Düsseldorf (ots) - So schnell kann es gehen: Kaum legt die
Finanzmarktkrise dank der staatlichen Billionenhilfen für die
angeschlagenen Banken eine vorübergehende Pause ein, wird ein
Nebenkriegsschauplatz eröffnet. Die EU-Finanzminister, die wegen der
abkühlenden Weltkonjunktur um ein Teil ihrer Steuereinnahmen bangen,
wollen sich das bald fehlende Geld woanders holen und Steueroasen
trocken legen. Dabei stellt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
(SPD) besonders die Schweiz an den Pranger.
Das hat die Eidgenossen, die nach weit verbreiteter Meinung nur von
Geld, Uhren, Käse sowie Tourismus leben und bei der Arbeit ständig
Alphorn-Musik hören, natürlich aufgeschreckt. Die Schweizer Banken
sind von der Finanzkrise ohnehin stark gebeutelt, jetzt mäkelt die
Europäische Union noch an ihrem traditionellen System der
Nummern-Konten herum. Als Steuerflucht-Land versteht sich die Schweiz
nicht. Es geht dort nur etwas gemütlicher und anonymer zu. Im Zweifel
wird dem deutschen Fiskus auf Anfrage Auskunft gegeben. Die
Schweizer hetzen sich aber nicht, es dauert.
Direkt haben die rund 70 Steueroasen weltweit kaum etwas mit der
Finanzkrise zu tun. Aber die Politiker, die in vielen Ländern
inzwischen den Bankenapparat verstaatlicht oder halbverstaatlicht
haben, wollen den größeren Zugriff auf die Geldhäuser und die Gunst
der Stunde nutzen, diese Oasen abzuschaffen. Bereits bei dem für
November bevorstehenden Weltwirtschaftsgipfel für eine neue
Weltfinanzordnung soll das Thema auf den Tisch und geregelt werden.
Andere Europäer wie Briten und Franzosen, die selbst solche Oasen
unterhalten, werden aber mit den Deutschen kaum mitziehen.
Um eins klar zu stellen: Oasen für Steuerhinterzieher gehören
generell abgeschafft und geächtet, weil sie brave Steuerzahler im
jeweiligen Land stark benachteiligen. Steuerhinterziehung ist bei uns
eine Straftat. Das ist mit dem Fall von Ex-Postchef Klaus Zumwinkel
jedermann wieder klar geworden. Oasen auszutrocknen ist daher
richtig. Es ist aber gleichzeitig ein schwieriges Unterfangen, denn
wenn eine schließt, wird irgendwo auf der Welt eine neue aufgemacht.
Ein ganzes Land wie die Schweiz zu ächten, ist natürlich reiner
Unfug. Man sollte sich auf anderen Wegen einig werden.

Originaltext: Westdeutsche Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/62556
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Pressekontakt:
Westdeutsche Zeitung
Nachrichtenredaktion
Telefon: 0211/ 8382-2358
redaktion.nachrichten@westdeutsche-zeitung.de


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