Kreativität im Aufwind: Kleine und mittlere Großstädte treiben Strukturwandel im Ostseeraum voran
Geschrieben am 22-10-2008 |
Rostock (ots) - Studie von PwC und HWWI bescheinigt Ostseestädten gute Zukunftsperspektiven / Kiel und Rostock rangieren derzeit im Mittelfeld
Der Strukturwandel im Ostseeraum von arbeitsintensiven hin zu wissensintensiven Industrien und Dienstleistungsbereichen erfordert auch eine neue Ausrichtung der kleinen und mittleren Großstädte wie beispielsweise Kiel und Rostock. Entscheidend für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung sind künftig nicht die Größe der Stadt oder die zentrale geografische Lage, sondern weiche Standortfaktoren wie Innovationsfähigkeit, Wissen sowie Offenheit. Zu diesen Ergebnissen kommt die heute in Rostock vorgestellte gemeinsame Studie "Zukunftschance Kreativität - Entwicklungspotenziale von Städten im Ostseeraum" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) und dem Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). Bei der Analyse der weichen Standortbedingungen rangieren Kiel und Rostock unter den analysierten Ostseestädten zusammen mit Tallinn (Estland) derzeit im Mittelfeld. Am weitesten fortgeschrittene, dynamische Wissensökonomien sind Arhus (Dänemark), Turku (Finnland) und Umea (Schweden).
"Die Städte in der Spitzengruppe zeichnen sich durch eine überdurchschnittlich gute wissenschaftliche Infrastruktur, eine gezielte Wirtschaftsförderung wissensintensiver Branchen, einen effektiven Wissenstransfer zwischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Unternehmen sowie eine hohe Lebensqualität aus. Damit sind sie attraktiv für innovative Unternehmen, Wissenschaftler und qualifizierte Fachkräfte", erläutert Holger Jandke, Partner bei PwC im Public Sector.
Nachholbedarf haben hingegen junge EU-Städte wie Gdansk (Polen), Riga (Lettland) und Vilnius (Litauen). Zwar verfügen auch diese Universitätsstädte über ein hohes Wissenspotenzial, sie nutzen es jedoch noch nicht optimal für wissensbasiertes Wirtschaftswachstum und sind noch nicht ganz in der Wissensgesellschaft angekommen. Turku - Stadt der Erfinder
Obwohl alle neun untersuchten Ostseestädte über eine oder mehrere Universitäten und Hochschulen verfügen, sind Innovationskraft und Wissenspotenzial unterschiedlich stark ausgeprägt. Dies veranschaulichen die Unterschiede in der Produktivität (Bruttoinlandsprodukt, kurz: BIP), die insbesondere von dem eingesetzten Know-how und dem Stand der Technik abhängen. So beträgt das BIP pro Erwerbstätigen im Jahr 2005 in Aarhus 68.000 Euro und in Turku und Umea 64.000 Euro. Kiel und Rostock erreichen 56.000 Euro und 50.000 Euro. Am unteren Ende finden sich angeführt von Tallinn (24.000 Euro) und mit Schlusslicht Vilnius (19.000 Euro) die osteuropäischen Städte.
Bei der wirtschaftlichen Umsetzung des vorhandenen Know-hows haben die meisten Ostseestädte noch erhebliche Potenziale. Während Turku bei den Patentanmeldungen je Einwohner ebenfalls um mehr als 50 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt, folgen mit deutlichem Abstand Arhus (nahezu EU-Durchschnitt) und Kiel (gut 80 Prozent des EU-Durchschnitts). Alle übrigen Städte erreichen bei den Patentanmeldungen nicht einmal die Hälfte des EU-Durchschnitts.
Dienstleistungsmetropole Umea
Der Wandel zur Wissensökonomie zeigt sich in der Bedeutung wissensintensiver Dienstleistungsbereiche und High-Tech-Industrien als Arbeitgeber. In der schwedischen Universitätsstadt Umea fallen bereits 55 Prozent aller Jobs in diesen Zukunftsbereich. In Turku und Arhus ist etwa jeder zweite Arbeitsplatz in der Wissenswirtschaft angesiedelt. In Kiel, das zunehmend den Anschluss an diese Spitzengruppe findet, sind es bereits rund 45 Prozent. In allen anderen untersuchten Städten arbeiten bislang rund 30 Prozent der Einwohner in einem wissensintensiven Unternehmen, die Städte haben jedoch bereits die Weichen richtig gestellt.
Weltoffenes Kiel
Neben Innovationskraft und Wissen sind die Offenheit einer Stadt gegenüber ausländischen Fachkräften und Studenten sowie die internationale Ausrichtung der Institutionen wichtige Standortfaktoren. Hier kann im Ostseeraum insbesondere Kiel punkten. So sind mit einem Anteil von ausländischen Studierenden von rund zehn Prozent an den Hochschulen der Stadt unter allen eingeschriebenen Studenten etwa 50 Prozent mehr aus dem Ausland als im europäischen Durchschnitt (6,6 Prozent). Umea (7 Prozent) liegt etwas über dem EU-Durchschnitt und Rostock (6 Prozent) erreicht annähernd den europäischen Mittelwert. In allen anderen Städten ist der Anteil ausländischer Studenten nicht einmal halb so groß wie im EU-Mittel - hier gilt es die Internationalität als Wirtschaftsfaktor zu stärken.
Eine stärkere internationale Verflechtung der Ostseestädte könnte durch eine bessere Anbindung an das zentraleuropäische Verkehrsnetz gefördert werden. Die vergleichsweise schwierige Erreichbarkeit erschwert den Kontakt zu Unternehmen und Investoren aus dem Ausland und hemmt zudem den Tourismus.
Ebenfalls wichtig für die Ansiedlung hochqualifizierter Beschäftigter ist eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gemessen an der Beschäftigungsquote der Frauen liegen hier fast alle untersuchten Städte über dem EU-Durchschnitt. Lediglich in Gdansk ist der Frauenanteil an den Erwerbstätigen niedriger als im europäischen Mittel. Rostock ist durch seine ausgeprägte Infrastruktur zur Betreuung von Kindern und Kleinkindern eine der familienfreundlichsten Städte Deutschlands. "Kleine und mittlere Großstädte können mit guten Bildungseinrichtungen und Kinderbetreuungsangeboten sowie einem für Familien attraktiven Wohnumfeld punkten und sollten diese Chancen nutzen", betont Astrid Könönen, Expertin für Regionalpolitik bei PwC im Bereich Government Infrastructure & Privatisation.
Kleine Städte ganz groß
Die Studienergebnisse belegen, dass Städte mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen den wissensbasierten Strukturwandel bewältigen können. So hat es Umea in die Spitzengruppe geschafft, obwohl es weit entfernt von den europäischen Hauptverkehrswegen liegt und mit rund 111.000 Einwohnern zudem die kleinste der untersuchten Städte ist. Dies zeigt, dass kleine Städte bei der Lebensqualität gegenüber Metropolen punkten können: wenig Lärm, keine Staus und großzügige Bebauung, dafür überschaubare Strukturen und kurze Kommunikationswege. Kiel mit 235.000 und Rostock mit rund 200.000 Einwohnern haben aus dieser Perspektive gute Chancen.
Gleichzeitig gibt es einen engen Zusammenhang zwischen ökonomischem Erfolg und Bevölkerungsentwicklung. So wuchs die Bevölkerung in Turku, Umea und Arhus zwischen 2000 und 2005 deutlich; dieser Trend dürfte sich in der Zukunft fortsetzen und die Wissensbasis stärken. Demgegenüber dürften Riga, Tallinn und Vilnius laut Prognosen der EU bis 2020 deutliche Bevölkerungsverluste bis zu acht Prozent zu verzeichnen haben. "Sinkende Bevölkerungszahlen und Abwanderungen stellen eine Gefahr für die Bewältigung des Strukturwandels zur Wissenswirtschaft dar. Die betroffenen Städte können diesen Tendenzen durch die weitere Verbesserung der Lebensqualität entgegenwirken und die Entstehung von attraktiven Jobs in der Wissensökonomie fördern", so Silvia Stiller, Leiterin des Kompetenzbereichs Hamburg und regionale Entwicklungen am HWWI.
Zwar gibt es kein Patentrezept für einen erfolgreichen wissensbasierten Strukturwandel, notwendige Erfolgsbedingung ist jedoch eine Strategie, die sämtliche Standortfaktoren - Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, Kultur, soziale Aspekte und internationale Vernetzung - einbezieht. Für eine derartige integrative Stadtentwicklungspolitik gibt es bereits zahlreiche Erfolgsmodelle im Ostseeraum. Konsequent verfolgt diesen ganzheitlichen Ansatz zum Beispiel Turku. Allein im gezielt entwickelten "Science Park" der Stadt arbeiten über 13.000 Beschäftigte, an den Bildungsinstituten lernen 38.000 Studenten. Außerdem wird Turku 2011 Kulturhauptstadt Europas - und zwar gemeinsam mit Tallinn. So schafft die finnische Stadt den Dreiklang von Innovation, Wissen und Offenheit. Auch Arhus und Umea haben ihre Stadtentwicklungspolitik auf die weichen Standortfaktoren ausgerichtet und konzentrieren ihre Maßnahmen auf die kreative Stadtentwicklung.
Die PwC / HWWI-Studie "Zukunftschance Kreativität - Entwicklungspotenziale von Städten im Ostseeraum" können Sie hier kostenlos bestellen: www.pwc.de/de/neuveroeffentlichungen
Redaktionshinweise:
Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.870 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,47 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).
Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut gemeinnützige GmbH (HWWI) ist eine unabhängige Forschungseinrichtung, die wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch wichtige Trends analysiert. Als unabhängiges Institut mit interdisziplinärer Ausrichtung betreibt das HWWI wirtschaftswissenschaftliche Forschung und politische Beratung in den Kompetenzbereichen: Wirtschaftliche Trends, Hamburg und regionale Entwicklungen, Weltwirtschaft und Migration Research Group.
Originaltext: PwC PriceWaterhouseCoopers Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/8664 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_8664.rss2
Pressekontakt: Weitere Informationen erhalten Sie bei: Sandra Otte PricewaterhouseCoopers AG WPG Corporate Communications / Presse Tel.: (069) 95 85 - 15 64 E-Mail: sandra.otte@de.pwc.com
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