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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Umgang mit dem Tod

Geschrieben am 30-10-2008

Bielefeld (ots) - An Halloween verspotten wir den Tod, an
Allerheiligen und Allerseelen beklagen wir ihn. Statt im Kostüm mit
weißem Skelett den Tod zu verulken, besuchen wir dann in dunkler
Kleidung die Gräber und betrauern unsere Verstorbenen. Halloween und
Allerheiligen stehen für die Mischung aus Verachtung des Todes und
Angst vor ihm, die Mixtur, die das widersprüchliche Verhalten des
modernen Menschen kennzeichnet. Gerade der November mit
Allerheiligen, Totensonntag und Volkstrauertag bietet Anlass, über
die Einstellung zum Lebensende nachzudenken.
»Es gibt nichts, was die Lebenden so sehr fasziniert wie der Tod«,
schreibt die Amerikanerin Constance Jones in ihrem Buch »Der Tod:
Alles über Leben und Sterben«. Religion, Politik, Kunst, Wissenschaft
und Wirtschaft würden durch den Tod und die Vorstellungen über ihn
mitbestimmt.
Beispiel Politik: Hier ist Sprache verräterisch. Da werden seit
Jahrhunderten Kriegsschauplätze zu »Feldern der Ehre« hochstilisiert,
um das Grauen und Massensterben zu verniedlichen. Sprache dient
Politikern und Militärs noch heute zur Verharmlosung.
»Kollateralschaden« als Bezeichnung für den Tod unschuldiger
Zivilisten ist eine weitere Nebelbombe aus dem Arsenal der
militärischen Wortakrobaten. Da werden »Stützpunkte vernichtet« und
»Verluste zugefügt«: Dass dabei Menschen sterben, sagen die Generäle
nicht. Wer im 21. Jahrhundert im Krieg »fällt«, wird von Minen oder
Granaten zerfetzt, von Kugeln durchsiebt. Dies auszusprechen gilt als
nicht opportun. Unsere Gesellschaft verdrängt Schlimmes gern. Mit
Kauderwelsch oder Pathos werden aber die Opfer des Krieges verhöhnt.
Auch wenn wir wenig von Sterben hören wollen und den Tod in unserem
privaten Umfeld gern ins Krankenhaus und Altenheim abdrängen möchten,
so zieht er uns gleichzeitig in seinen Bann. Der Tod als dekorative
Kunst: Schon die alten Römer stellten Skelette auf Bronzegefäßen und
Mosaikböden dar. Im 16. und 17. Jahrhundert schmückten unsere
Vorfahren die Häuser mit Symbolen der Vergänglichkeit: mit
Stundengläsern und Sicheln.
Totenköpfe finden sich in der heutigen Mode auf T-Shirts oder
Gürteln, Kinder tragen an Karneval Piratenkopftücher mit
übereinandergekreuzten Knochen, Rockmusiker verzieren ihre
Instrumente mit Totenschädeln. Brutale Kriminalromane sind bei Lesern
gefragt, berichten Verlage. Als Appetitanreger dient auf den
Klappentexten der Bücher der Hinweis, in London, New York oder Berlin
seien »bestialische Morde« geschehen. Wenn wir nicht betroffen sind,
darf der Tod in der Literatur, im Kino und Fernsehen ruhig blutig
sein.
Damit der Tod seinen Schrecken verliert, glauben wir an
Unsterblichkeit. Christen hoffen auf die Auferstehung, Atheisten auf
die Naturwissenschaft, wonach Materie weiter existiert Egal ob er
verharmlost, lächerlich gemacht, überhöht oder gefürchtet wird: Der
Tod lässt den Menschen bis zuletzt nicht los.

Originaltext: Westfalen-Blatt
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261


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