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WAZ: Kfz-Steuerbefreiung für Neuwagen - Nebelfahrt aus purem Aktionismus - Leitartikel von Gerd Heidecke

Geschrieben am 30-10-2008

Essen (ots) - Die Verkehrsexperten der Großen Koalition rasen der
Jahreszeit entsprechend orientierungslos durch den Nebel. Nach dem
Auspuffrohrkrepierer Rußfilterförderung und der hinter dem Horizont
der Bundestagswahl verschwundenen CO2-Besteuerung versenkt das
Kabinett jetzt ein Milliardensümmchen für den blinden Aktionismusplan
"Steuerbefreiung für Neuwagen".

Über das staatliche Trostpflästerchen von durchschnittlich
einigen wenigen hundert Euro pro Pkw freuen sich vielleicht ein paar
Manager großer Firmenwagenflotten. Die Kaufverweigerung des
Normalbürgers ist damit nicht zu erschüttern, da bewegt nicht einmal
das Rekordrabattniveau etwas. Und die Neuwagen zugedachte Prämie
entwertet die Halde junger Gebrauchtwagen der taumelnden Kfz-Händler
noch weiter.

Der von einer weltweiten Absatzkrise gebeutelten
Automobilindustrie hilft der hilf- und heillose Plan auch nicht, der
nur deshalb höflich beklatscht wird, weil er nicht ganz in die
falsche Richtung zielt und wenigstens einen Hauch von Handlungswillen
bezeugt. Außerdem regnete es ja einen Tag zuvor Kreditvergünstigungen
aus Brüssel, da schweigt man lieber.

Im Gegensatz zu früheren Förderungen über die Kfz-Steuer
profitiert bei dem jetzigen Entwurf auch die Umwelt nicht. Aber die,
denen es super statt normal geht, denn sozial unausgewogen ist eine
solche Kfz-Steuerbefreiung für alle: Sauteure Riesendiesel in
Zwölfzylinder-Geländewagen können einen Tausender sparen, kleine
Hybrid-Sparschweine keinen Hunderter.

"Angela, brems!", möchte man rufen. Wirklich hilft allen
Beteiligten nur die schnelle Einführung der verbrauchs-, und damit
CO2-abhängig berechneten Kfz-Steuer sowie als halbwegs sinnvolles
Konjunkturprogramm eine Abwrackprämie, mit der man auch noch
kurzfristig viele alte Stinker von der Straße bekommt.

Statt gegen die CO2-Grenzwerte der EU zu stänkern, sollte die
Automobilindustrie sich selbst fragen, ob sie zu lange auf die
falschen Pferdestärken gesetzt hat. All' die tollen Nischenmodelle
können nur dann starke Renditen einfahren, wenn die dahinter
steckenden Volumenmodelle auf kostensenkende hohe Stückzahlen kommen.

Und der Spritverbrauch ist inzwischen für den Neuwagenkäufer
genauso wichtig wie das langjährige Nummer-eins-Thema Sicherheit.
Erfahrene wissen: So sicher wie die Temperaturen im Klimawandel
steigen bald auch wieder die Öl- und Benzinpreise.

Originaltext: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/55903
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_55903.rss2

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de


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