Berliner Morgenpost: Erben dürfen nicht bestraft werden - Kommentar
Geschrieben am 01-11-2008 |
Berlin (ots) - Über das Erbe zerstreiten sich nicht nur Familien. Das droht nun auch der großen Koalition, obwohl die gar nichts erbt, sondern nur uneins ist über eine Reform der Besteuerung im Erbfall. Diese Aufgabe hat ihr das Bundesverfassungsgericht aufgetragen, weil das gültige Erbrecht nicht verfassungskonform ist. Sollten sich CDU, CSU und SPD so zerstreiten, dass es bis Jahresende keine Einigung gibt, fällt die Erbschaftsteuer (jährlich rund vier Milliarden Euro) wie schon in Österreich und Italien ersatzlos weg. Das wäre zu schön, um wahr zu werden. Seit fast drei Jahren streitet sich die Koalition vor allem um die Freibeträge für Hauserben, weil die Steuer künftig nach dem Verkehrswert und damit wesentlich höher als bislang berechnet wird. Zweiter Knackpunkt ist die Besteuerung der Erben von Unternehmen, für die unter ganz bestimmten Auflagen Steuernachlässe vorgesehen sind. Über die jeweiligen Höhen der Freibeträge wie über die Fristen der Steuerstundungen für Unternehmenserben ringen die Partner so erbittert, weil sie auf ihre jeweilige Wählerklientel Rücksicht nehmen müssen. Tun sie es nicht, folgt die Strafe auf dem Wahlzettel wie jüngst in Bayern. Nicht nur dort sorgen sich mittelständische Familienbetriebe um die Zukunft, sollte demnächst das Damoklesschwert einer drastisch höheren Erbschaftsteuer über ihnen schweben. Und Hausbesitzer in Regionen mit hohen Grundstückspreisen samt entsprechendem Verkehrswert fürchten um die Weitergabe ihres Besitzes an die Kinder, weil sie die fällige exorbitante Erbschaftsteuer nicht mehr bezahlen können. Nach der Wahlschlappe der CSU hat nun auch die CDU begriffen, dass das Thema Erbschaftsteuer für sie 2009 wahlentscheidend werden könnte. Nimmt sie die Sorgen des Mittelstandes nicht ernst, droht ihr wie gerade der CSU die Abkehr einer ihrer wichtigsten Wählerschichten. Andererseits muss sie einen Kompromiss mit der SPD finden, weil ihr die sonst populistisch vorhalten würde, die Erben von Millionärsvillen von der Steuer befreit zu haben. In einem ersten Schritt haben sich jetzt CDU und CSU auf eine Verhandlungsposition verständigt. Danach soll privat genutztes Hauseigentum im Regelfall ganz steuerfrei bleiben. Außerdem soll die Auflage für Unternehmen, über zehn Jahre die Lohnsumme des Betriebs konstant zu halten, weiter gelockert werden. Auch die SPD soll sich auf einige unverrückbare Grundpositionen für die abschließenden "Erbschaftsverhandlungen" festgelegt haben, die morgen beginnen. Sie verlangt, die Summe des bisherigen Steueraufkommens zu halten, nur Häuser und keine Villen steuerfrei zu vererben (wer aber definiert das eine und das andere?) und schließlich Steuerprivilegien bei Betriebserbschaften nur unter strengen Auflagen zu gewähren. Niemand sollte sich täuschen: Wenn die Freibeträge für Häuser nicht hoch genug festgelegt werden, könnte es im Todesfall der Eltern bei vielen Kindern einen zweiten Schock geben. Nicht nur in Bayern. Auch in den sogenannten besseren Lagen Berlins. Und Familienunternehmen droht das Ende, wenn die Erben steuerlich erdrosselt werden. Auf den schwarz-roten Verhandlungsführern lastet in den kommenden Tagen eine zweifache Verantwortung: eine gesellschaftspolitische und eine wirtschaftspolitische.
Originaltext: Berliner Morgenpost Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/53614 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_53614.rss2
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