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Trennungsgebot: Presserat gibt Entscheidungshilfe für Redaktionen Plenum nimmt Online in Kodex auf

Geschrieben am 06-11-2008

Bonn (ots) - Der Sprecher des Presserats, Manfred Protze, und
Geschäftsführer Lutz Tillmanns informierten auf der
Jahrespressekonferenz des Deutschen Presserats am 6. November in
Berlin u.a. über folgende Themen:

- Online-Zuständigkeit
- 3. Tätigkeitsbericht Redaktionsdatenschutz
- Beschwerdearbeit 2007/2008: Trennungsgebot und Vermittlung
- 10. Treffen europäischer Presseräte
- Kritik an BKA-Gesetz
- Klage gegen den Presserat gescheitert
- Presserat zieht nach Berlin

Online-Zuständigkeit des Presserats
Die Trägerverbände des Presserats haben sich bereits im März dazu
entschlossen, sich auch der Selbstregulierung für
journalistisch-redaktionelle Seiten der elektronischen Presse zu
widmen. Hierzu haben Plenum und Trägerverein eine Expertenkommission
einberufen, die im März und April 2008 tagte. Neben der Verantwortung
für Inhalte, mögliche Ergänzungen des Pressekodex und den
Anforderungen an das Beschwerdeverfahren war auch der Umfang der
Selbstverpflichtung der Verlage zu klären. Die Arbeitsgruppe hat
konkrete Vorschläge zur Erweiterung der Zuständigkeit erarbeitet, die
den Beschlussgremien des Presserats vorliegen und auf den Sitzungen
am 19.11. und 03.12.2008 verabschiedet werden sollen. Geeinigt haben
sich die Trägerorganisationen bei der Zuständigkeit des Presserats
bereits darauf, dass diese nicht an eine Zugehörigkeit eines Mediums
zu einem der vier Trägerverbände gebunden sein wird. Sie erstreckt
sich vielmehr generell auf journalistisch-redaktionelle
Onlineangebote von Presseverlagen. Anbieter von Telemedien mit
journalistisch-redaktionellen Inhalten, soweit sie nicht als Rundfunk
einzustufen sind, sollen ebenfalls die Möglichkeit erhalten, sich der
publizistischen Selbstkontrolle anzuschließen. Voraussetzung dafür
ist, dass sie sich zum Pressekodex als Regeln für guten Journalismus
sowie den Grundsätzen zum Redaktionsdaten-schutz bekennen und sich
der Spruchpraxis des Presserats unterziehen. Mit einem Beginn der
Online-Zuständigkeit ist Anfang 2009 zu rechnen.

Tätigkeitsbericht Redaktionsdatenschutz
Der Deutsche Presserat veröffentlichte seinen dritten
Tätigkeitsbericht zum Redaktionsdaten-schutz. Hiermit dokumentiert er
die in den vergangenen zwei Jahren (2006 und 2007) behandelten
Beschwerden, gibt Einblicke in die Arbeit des Beschwerdeausschusses
zum Redaktionsdatenschutz und veröffentlicht eine Liste aller
Verlage, die sich der Freiwilligen Selbstkontrolle bislang
angeschlossen haben. Seit 2001 hat der Presserat zusätzlich zu seinen
bisherigen Aufgaben die freiwillige Selbstkontrolle für den Bereich
des Datenschutzes in Redaktionen übernommen. Im Abstand von zwei
Jahren erscheint hierzu ein Tätigkeitsbericht.

Burkhard Hirsch, ehemaliger Vizepräsident des Deutschen
Bundestages, lobt die Arbeit des Presserats zum Datenschutz in den
Redaktionen in einem Gastbeitrag ausdrücklich: "Der § 41 Abs. 1
Bundesdatenschutzgesetz entspricht der selbstverantwortlichen Arbeit
des Deutschen Presserats zur freiwilligen Selbstkontrolle des
Redaktionsdatenschutzes - und würdigt damit auch die bis dahin
geleistete Arbeit des Presserats. Die Bundesländer haben diese
Regelung in ihren Pressegesetzen mit fast gleichlautenden Formeln
übernommen. Der Pressekodex und die dazu vom Presserat entwickelten
Richtlinien zum Datenschutz haben sich in sechs Jahren durchgesetzt
und bewährt, zumal der Presserat nicht nur auf Beschwerden reagiert,
sondern sich intensiv darum bemüht, präventiv zu arbeiten, zu werben
und zu schulen".

Gesetzestexte, die Selbstverpflichtungserklärung und der
Pressekodex, der bereits seit 2001 zusätzliche
Datenschutzbestimmungen enthält, vervollständigen den
Tätigkeitsbericht, der auch im Internet zum Download bereitsteht:
www.presserat.de/Redaktionsdatenschutz. Die gedruckte Fassung ist für
7,50 Euro zzgl. Versandkosten in der Geschäftsstelle des Presserats
erhältlich.

Beschwerdearbeit 2007/2008
2007 gingen 735 Eingaben beim Presserat ein, von denen 328 als
Beschwerden in den Beschwerdeausschüssen behandelt wurden (Vorjahr
371). Für das Jahr 2008 sehen die Zahlen bislang sehr ähnlich aus.
Die Anzahl der Eingaben scheint sich in dieser Höhe zu stabilisieren.

Die Beschwerdeausschüsse sprachen im Vorjahr 31 öffentliche Rügen,
vier nicht-öffentliche Rügen und 74 Missbilligungen aus. Daneben gab
es 48 Hinweise. In 16 Fällen wurde die Beschwerde als begründet
angesehen, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da die
Redaktion auf die Beschwerde in geeigneter Weise reagierte. Zwei
Beschwerden waren nicht aufklärbar. Die Anzahl der ausgesprochenen
Maßnahmen ist geringer als die Zahl der behandelten Beschwerden, da
sich in einigen Fällen mehrere Beschwerdeführer gegen dieselbe
Veröffentlichung beschwerten, die dort gewählte Maßnahme jedoch nur
einmal gezählt wird. Wie im Vorjahr wurden erneut 135 Beschwerden als
unbegründet zurückgewiesen. Der Rückgang um 219 Eingaben im Vergleich
zum Vorjahr (954 Eingaben) erklärt sich daraus, dass 2007 keine
Sammelbeschwerden wie im Vorjahr eingereicht worden sind. So gab es
keinen Massenprotest gegen die Mohammed-Karikaturen wie 2006 mit
über 90 Eingaben, und auch das Journalistische Seminar der
Universität Mainz hat 2007 mit 33 deutlich weniger Eingaben
eingereicht als 2006 mit 118.

Bezüglich der Einwände des Axel Springer Verlags gegen Beschwerden
von Bildblog hat der Presserat im März in einer Plenumsdebatte
mehrheitlich keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des
Beschwerderechts festgestellt. Bildblog hatte seit 2006 insgesamt
zwölf Beschwerden beim Presserat eingereicht, bei denen es sich nach
Auffassung des Plenums in allen Fällen um medienethische Anliegen
handelte, mit denen sich der Presserat nach eigener Aufgabenstellung
zu befassen hat. Der Axel Springer Verlag hatte moniert, dass
Bildblog ein kommerziell betriebenes journalistisches Produkt sei und
die Beschwerden keine ethischen Ziele verfolgten.

Trennungsgebot
Die Spruchpraxis des Deutschen Presserats zu Ziffer 7 des Pressekodex
hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Dabei
haben die erheblich gestiegene Anzahl von Beschwerden über eine
mögliche Verletzung des Trennungsgrundsatzes und die daraus
resultierenden Entscheidungen des Presserats in den Redaktionen und
Verlagen verschiedene Fragen aufgeworfen. Wie muss Werbung kenntlich
gemacht werden? Was ist bei der Berichterstattung über Unternehmen
und Produkte zu berücksichtigen? Und welche Anforderungen sind bei
Sonderveröffentlichungen zu beachten? Mit einem geplanten
Praxis-Leitfaden zur Ziffer 7 will der Presserat Antworten auf diese
Fragen geben, indem er Beispiele zu einzelnen Fallgruppen
dokumentiert und die Kriterien der Spruchpraxis erläutert. Der
Leitfaden, der voraussichtlich im Frühjahr 2009 erscheint, soll die
Transparenz der Entscheidungen erhöhen und gleichzeitig den
Redaktionen eine Hilfe bei ihrer Arbeit bieten. Ausschlaggebend für
den Leitfaden war auch, dass 2007 das Jahr mit den bislang meisten
Beschwerden gegen das Trennungsgebot in Ziffer 7 war. Auch wenn den
Schwerpunkt erneut die Ziffer 2 des Pressekodex (Sorgfaltspflicht)
mit 161 Beschwerden darstellt, so gab es 2007 insgesamt 86
Beschwerden zu Ziffer 7. Häufig mussten die Beschwerdeausschüsse
dabei Fälle behandeln, in denen die Grenze zur Schleichwerbung
deutlich überschritten wurde. In den Ausschüssen wurden 72 der 86
Eingaben behandelt (2006: 52) und dabei 21 öffentliche Rügen (2006:
13), 18 Missbilligungen (2006: 16), 11 Hinweise (2006: 7)
ausgesprochen. Drei Beschwerden waren begründet, es wurde jedoch auf
eine Maßnahme verzichtet. 19 Beschwerden waren unbegründet (2006: 7).

Vermittlung
Seit dem Jahr 2006 ist die Vermittlung in der Beschwerdeordnung des
Presserates verankert und hat sich von einer vielversprechenden
Alternative zu einem festen Bestandteil der Selbstregulierung
entwickelt. Acht Fälle hat der Presserat im Jahr 2007 einvernehmlich
gelöst. Allerdings ist nicht jeder Fall prädestiniert für eine
Vermittlung. Wenn sich die Konfliktpartner bereits vor Gericht
gegenüberstehen oder schon seit Jahren zerstritten sind, erscheint
der Versuch wenig sinnvoll. Doch es gibt zahlreiche Fälle, bei denen
es sich lohnt, nach Wegen zu suchen, sich außerhalb des
Beschwerdeverfahrens zu einigen. Ob der Versuch zu vermitteln eine
Chance hat, ist dabei von sehr verschiedenen Faktoren abhängig: Wie
eng ist die Beziehung zwischen Leser und Redaktion? Sind Leser und
Redaktion offen für eine Lösung außerhalb des Beschwerdeverfahrens?
Ist beiden Parteien daran gelegen, die Berichterstattung zu
vervollständigen? Welche Emotionen und Empfindlichkeiten spielen eine
Rolle? Der Presserat wird auch in Zukunft die Vermittlung weiter in
den Vordergrund stellen, da die bislang erzielten einvernehmlichen
Lösungen auf vielversprechende Resonanz bei Beschwerdeführern und
betroffenen Redaktionen gestoßen sind.

10. Treffen europäischer Presseräte in Berlin
Vertreter von Presseräten aus 21 Ländern haben sich am 23. und 24.
Oktober zur 10. Tagung der Alliance of Independent Press Councils of
Europe (AIPCE) in Berlin getroffen. AIPCE ist der Zusammenschluss
unabhängiger Presseräte in Europa, der 1999 in London gegründet
wurde. Seither findet einmal im Jahr ein Treffen als Forum für
Kooperation, Koordination und Erfahrungsaustausch statt. Der Deutsche
Presserat war - wie schon im Jahr 2000 - Gastgeber der Konferenz. Ein
Schwerpunkt der Tagung war die Selbstregulierung journalistischer
Inhalte im Internet. In allen Ländern, die zu Gast waren, sind die
jeweiligen Presseräte auch als Selbstkontrolle für Internetmedien
tätig. Dabei stellten sich viele Gemeinsamkeiten heraus: Die
Zuständigkeit bezieht sich auf journalistisch-redaktionelle Inhalte,
und der jeweilige Pressekodex wird wie im Printbereich angewendet. In
den meisten Ländern wurde der Pressekodex für die Ausweitung auf den
Online-Bereich dementsprechend angepasst.

Zur Unterstützung der Arbeit der Kollegen in Frankreich und
Ungarn, die einen Presserat aufbauen wollen, hat die Allianz zwei
Resolutionen verabschiedet. Darin wird betont, dass die AIPCE dies
sehr befürwortet und unterstützt.

Mitglieder der Alliance of Independent Press Councils of Europe
(AIPCE), die sich zu ihrer jährlichen Konferenz am 23. und 24.
Oktober 2008 in Berlin getroffen haben, begrüßen es, dass in
Frankreich und Ungarn eine Debatte über den Aufbau eines Presserats
(oder eines ähnlichen Gremiums) begonnen hat. Die Mitglieder der
AIPCE sind davon überzeugt, dass ein unabhängiger Presserat eine
wichtige Rolle spielen kann, wenn es darum geht, freie und
verantwortungsvolle Medien zu garantieren. Die Allianz hofft, dass
die Diskussionen in Frankreich und Ungarn weitergehen und am Ende
erfolgreich sein werden.
Mehr Informationen über die AIPCE finden Sie hier: www.aipce.net.

Kritik am BKA-Gesetz
Das Plenum des Deutschen Presserats hat auf seiner Sitzung am
17.09.2008 in Bonn einzelne Regelungen des geplanten BKA-Gesetzes
scharf kritisiert. Mit dem "Gesetz zur Abwehr von Gefahren des
internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt" wird der
Polizei die Möglichkeit eröffnet, von Journalisten die Herausgabe von
Recherchematerial zu verlangen, obwohl ein Zeugnisverweigerungsrecht
zum Schutz von Informanten besteht. Es ist nicht mit der
Pressefreiheit vereinbar, wenn das BKA im Rahmen der Gefahrenabwehr
durch staatliche Eingriffe die Redaktionsarbeit nachhaltig belastet
und damit das unabdingbare Vertrauen zwischen Quellen und Redaktionen
zerstört. Das Gesetz könnte Journalisten den Schutz entziehen, den
sie bei Recherchen brauchen.

Der Deutsche Presserat, der sich neben der Verteidigung der
Pressefreiheit auch für den unbehinderten Zugang zu
Nachrichtenquellen einsetzt, sieht hier noch dringenden
Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Dies hat auch eine
parlamentarische Expertenanhörung im September ergeben. Der Presserat
appelliert deshalb an den Deutschen Bundestag, dem Entwurf zum
BKA-Gesetz in diesem Punkt die Zustimmung zu verweigern.

Klage Öko-Test gegen den Presserat gescheitert
Der Öko-Test-Verlag hatte gegen eine öffentliche Rüge aus dem Jahr
2006 eine Zivilklage gegen den Deutschen Presserat angestrengt, dem
das Landgericht Frankfurt am Main mit seinem Urteil in erster Instanz
stattgegeben hat. Öko-Test hat den Presserat auf Unterlassung der
Aussage in Anspruch genommen, die Zeitschrift habe die
journalistische Sorgfalt verletzt, indem der Verlag in einem Beitrag
über Neurodermitis-Cremes für Kleinkinder nicht deutlich genug auf
einen bestehenden Krebsverdacht bei drei der Cremes aufmerksam
gemacht hatte. Tatsächlich wird, entgegen der Darstellung im
einleitenden Text, in der ausführlichen Tabelle nicht mehr auf den
Verdacht hingewiesen. Außerdem enthält die Tabelle eine Creme, die
für Kleinkinder gar nicht zugelassen ist.

Das Landgericht stufte diese Bewertung des Beitrags durch den
Beschwerdeausschuss in seinem Urteil als Tatsachenbehauptung ein. Das
Landgericht Frankfurt stellt darauf ab, dass sich die Rüge auf Ziffer
2 des Pressekodex stützt, die den Wahrheitsgehalt der
Berichterstattung avisiert. Mit der Rüge bezweifle der Ausschuss
unzutreffend den Wahrheitsgehalt, so dass er eine Tatsache behaupte.
Der Presserat hatte gegen das Urteil Berufung beim OLG Frankfurt
eingelegt. Das Gericht stellte im Urteil vom 30.06.2008 klar, dass
der Deutsche Presserat weiter veröffentlichen darf, dass die
Zeitschrift "Öko-Test" wegen eines Verstoßes gegen den Pressekodex
gerügt wurde. Nach Auffassung des Gerichts stellt die Auslegung des
Pressekodex sowie die Begründung einer Sanktion durch den
Beschwerdeausschuss eine Meinungsäußerung dar.

Das Oberlandesgericht hob damit das Urteil des Landgerichts auf
und betonte, dass der Zeitschrift gegenüber dem Presserat kein
Unterlassungsanspruch zusteht. Die Verlautbarung des Presserats ist
von der Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.
Unwahre Tatsachenbehauptungen oder die Grenze zur Schmähkritik
überschreitende Äußerungen waren dort nicht enthalten. Damit
bestätigte das Gericht die Grundsatzurteile des Oberlandesgerichts
Köln aus dem Jahr 2006 sowie des Oberlandesgericht Hamburg aus dem
Jahr 1959 zur Beschwerdearbeit des Deutschen Presserats. Gegen das
Urteil des OLG Frankfurt hat Öko-Test eine Nicht-Zulassungsbeschwerde
beim Bundesgerichtshof eingelegt. Hierüber ist noch nicht
entschieden.

Geschäftsstelle des Presserats zieht nach Berlin
Der Deutsche Presserat wird bis Mitte 2009 seine Geschäftsstelle von
Bonn nach Berlin verlegen. Die Träger des Presserats haben dies im
Oktober beschlossen. "Bonn steht für 52 Jahre Selbstkontrolle der
Printmedien und war der logische Standort für den Aufbau des
Presserats und eine solide Arbeit während der vergangenen Jahrzehnte.
Um auch weiterhin im Zentrum des medienpolitischen Geschehens zu
arbeiten, ist der Umzug der richtige Schritt", so Sprecher Manfred
Protze auf der Pressekonferenz.

Originaltext: Deutscher Presserat
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/14918
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_14918.rss2

Pressekontakt:
Deutscher Presserat
Lutz Tillmanns
Tel.: 0228 - 985720
Fax: 0228 - 98572 - 99
E-Mail: info@presserat.de


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