Allg. Zeitung Mainz: Nur ein Schein-Rückzug Kommentar zur SPD in Hessen
Geschrieben am 09-11-2008 |
Mainz (ots) - Zur SPD in Hessen
Schäfer-Gümbel kommt, Ypsilanti bleibt. Die Lösung, die die SPD in Frankfurt verkündet hat, überzeugt nicht. Nach dem Desaster, in das die Frontfrau die hessische Sozialdemokratie in fast schon fanatischer Weise hineinmanövriert hat, ist dies alles andere als der dringend notwendige Neuanfang. Eigentlich bleibt alles beim Alten. Die Genossen halten am Wahlprogramm fest, Ypsilanti bleibt Partei- und Fraktionsvorsitzende und zieht weiter die Strippen - ein Schein-Rückzug. Einzig ein anderer Kopf wird die Wahlplakate zieren. Doch in einem Punkt hat die hessische SPD gelernt: Eine Koalitionsaussage soll es in diesem Turbo-Winter-Wahlkampf nicht mehr geben. Gut so. Aus dem Wortbruch Ypsilantis können übrigens alle Parteien der Republik ihre Lehren ziehen. Koalitionsaussagen im Vorfeld sollten sie tunlichst unterlassen, wenn sie nicht bereit sind, sich unter allen denkbaren Umständen daran zu halten. Glaubwürdigkeit ist ein wichtiges Gut. Schäfer-Gümbel dürfte den wenigsten Hessen bekannt sein. Das muss jedoch nach dem Drunter und Drüber der vergangenen Zeit nicht von Nachteil sein - der neue Spitzenmann scheint unbelastet. Er wird als rhetorisch begabt beschrieben, gilt innerhalb der Partei als ambitioniert und engagiert. Doch kann er die Flügel miteinander versöhnen, kann er die Grabenkämpfe zwischen Rechts und Links befrieden, kann er die verlorene Glaubwürdigkeit zurückgewinnen? Wohl kaum. Denn er ist ein Gefolgsmann Ypsilantis und wird dem linken Lager zugeordnet. Mehr als ein Zählkandidat, der ein Himmelfahrtskommando anführt, ist der 39-Jährige nicht. Der politische Gegner darf sich freuen. Roland Koch gab sich zuletzt - ganz gegen seine Natur - betont zurückhaltend und staatsmännisch. Seine Chancen für eine Wiederwahl sind durch die Personalentscheidung der Sozialdemokraten keinesfalls schlechter geworden.
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